Leitsatz (amtlich)

Ein Insolvenzverwalter einer GmbH, der das Unternehmen weiterführt, muss dafür Sorge tragen, dass ausreichend Mittel zur Verfügung stehen, um Forderungen - auch gerichtlich - durchsetzen zu können. Eine Gewährung von Prozesskostenhilfe scheidet deshalb in diesen Fällen grundsätzlich aus.

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 19.02.2004; Aktenzeichen 23 O 229/03)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 14.07.2005; Aktenzeichen IX ZB 224/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 3.3.2004 gegen den Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss der 3. Kammer für Handelssachen des LG Hannover vom 19.2.2004 wird zurückgewiesen.

Die im Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten trägt der Antragsteller; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt als Insolvenzverwalter einer GmbH Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Bezahlung von gelieferten Waren. Bei den geltend gemachten Forderungen handelt es sich um solche, die aus der Fortführung des Unternehmens nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgten.

Das LG hat dem Antragsteller Prozesskostenhilfe verweigert. Es hat die Ansicht vertreten, dass der Insolvenzverwalter durch seine Entscheidung, eine vorhandene Insolvenzmasse nicht nur zu sichern, bestmöglich zu verwerten und gleichmäßig auf alle Insolvenzbeteiligten gesetzgemäß zu verteilen, sondern das Unternehmen weiter zu führen, unternehmerische Aufgaben übernehme. Aufgrund dieser Entscheidung müsse er anschließend auch wie ein Unternehmer handeln und entsprechend behandelt werden. Der Insolvenzverwalter müsse deshalb die Risiken und Chancen seiner Betätigung für das Insolvenzunternehmen in Kauf nehmen. Er müsse insb. entweder Vorsorge treffen, dass die aus der unternehmerischen Betätigung erwachsenden Forderungen so gesichert seien, dass sie erfüllt werden oder ihre Erfüllung durchgesetzt werden könnten und dafür ausreichende Mittel, um die gerichtliche Durchsetzung zu betreiben, zur Verfügung stünden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Der Antragsteller ist der Ansicht, dass ihm im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH Prozesskostenhilfe zu gewähren sei. Nach § 1 InsO könne das Insolvenzverfahren auch zum Erhalt des Unternehmens dienen.

Die Antragsgegner sind der Ansicht des Antragstellers entgegengetreten. Sie sind der Ansicht, dass dem Antragsteller die Prozesskostenhilfe zu Recht versagt worden ist.

II. Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.

1. Der Senat teilt die Ansicht des LG und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf den angefochtenen Beschluss vom 19.2.2004 (Bl. 73 ff. d.A.) und auf den Nichtabhilfebeschluss vom 5.3.2004 (Bl. 88 f. d.A.).

2. Der BGH hat in seinem Beschluss vom 18.9.2003 - IX ZB 460/02 (BGH, Beschl. v. 18.9.2003 - IX ZB 460/02, BGHReport 2003, 1440) unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung ausgeführt, dass der Insolvenzverwalter eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe erfülle. Selbst wenn der aus einem Rechtsstreit zu erzielende Erlös wegen der vorweg zu befriedigenden Verfahrenskosten und der sonstigen Masseverbindlichkeiten nicht zu einer Verteilung an die Insolvenzgläubiger führe, bestehe das Amt des Insolvenzverwalters mit den daraus folgenden Pflichten fort, solange die Kosten des Verfahrens gedeckt seien.

Das vorliegende Verfahren unterscheidet sich jedoch grundlegend von dem vom BGH entschiedenen Verfahren.

Zutreffend weist der Antragsteller zwar darauf hin, dass nach § 1 InsO, wenn im Insolvenzplan eine entsprechende Regelung getroffen wird, das Insolvenzverfahren auch zum Erhalt des von der Insolvenz getroffenen Unternehmens dienen kann. Eine derartige Entscheidung führt nach Ansicht des Senats jedoch nicht dazu, dass das unternehmerische Risiko, auch berechtigte Forderungen nur mit Hilfe der staatlichen Gerichte durchsetzen zu können, auf die Allgemeinheit, die die Mittel für die Prozesskostenhilfe zur Verfügung stellen muss, verlagert wird. Wenn ein Insolvenzverwalter ein Unternehmen weiterführt, so muss er alle diejenigen Maßnahmen ergreifen, die andere Kaufleute ebenfalls ergreifen müssen. Es müssen dann Mittel zur Verfügung stehen, die es erlauben, berechtigte Forderungen gerichtlich durchzusetzen. Wie die vom Gesetzgeber in § 116 ZPO getroffene Regelung zeigt, sollen juristische Personen unter engeren Voraussetzungen Prozesskostenhilfe erhalten als natürliche. Dieser Rechtsgedanke ist auf die Fälle zu übertragen, in denen ein Insolvenzverwalter ein Unternehmen weiterführt und somit auf dem Markt wie ein "normales" Unternehmen agiert.

An diesem Ergebnis ändert auch § 1 InsO nichts. Dort wird dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit gegeben, das Unternehmen weiterzuführen. Jedoch dient § 1 InsO nicht dazu, den Insolvenzverwalter ggü. anderen Mitbewerbern zu privilegieren. Diese Bevorzugung träte jedoch ein, wenn der Insolvenzverwalter für jeden Prozess - Erfolgsaussic...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge