Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Bemessung eines schuldrechtlichen Restausgleichs unter Berücksichtigung einer Verrechnung im öffentlich-rechtlichen Teilausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Teilausgleichs nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG ein Anrecht des ausgleichsberechtigten Ehegatten verrechnet worden, so ist bei einem späteren schuldrechtlichen Restausgleich auch die schuldrechtliche Ausgleichsrente nach § 20 VersAusglG unter Berücksichtigung der Rente zu berechnen, die der Ausgleichsberechtigte aus dem seinerzeit verrechneten Anrecht bezieht.

2. Die schuldrechtliche Ausgleichsrente ist mit ihrem um den öffentlich-rechtlichen Teilausgleichsbetrag gekürzten Wert, aber vor Abzug der darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge an der Bagatellgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG zu messen.

3. Bezugszeitpunkt für den Vergleich des Ausgleichswerts mit der Bagatellgrenze ist bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung die Fälligkeit der Ausgleichsrente.

 

Normenkette

VersAusglG §§ 18, 20

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 04.08.2010; Aktenzeichen 620 F 6804/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragstellerin und des Antragsgegners wird unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel der Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 4.8.2010 geändert und wie folgt gefasst:

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin von Januar bis Juni 2010 eine schuldrechtliche Ausgleichsrente von monatlich 364,75 EUR und ab Juli 2010 eine schuldrechtliche Ausgleichsrente von monatlich 364,37 EUR zu zahlen. Rückständige Beträge sind sofort fällig, künftige Beträge monatlich im Voraus.

Der Antragsgegner hat seine Versorgungsansprüche ggü. der Firma A. GmbH, die für die Zeit ab Rechtskraft dieser Entscheidung fällig werden, in Höhe der zu zahlenden Ausgleichsrente an die Antragsgegnerin abzutreten.

Die Gerichtskosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Beschwerdewert: 2.400 EUR. Der Verfahrenswert für die erste Instanz wird ebenfalls auf 2.400 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten schlossen am 29.6.1970 miteinander die Ehe und wurden auf den am 10.5.2003 zugestellten Antrag der Ehefrau durch Urteil des AG Hannover vom 6.11.2003 (berichtigt mit Beschluss vom 20.11.2003) - sofort rechtskräftig - geschieden. Zusammen mit der Scheidung wurde der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt. In Höhe der hälftigen Differenz zwischen den beiderseits erworbenen Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung wurden gesetzliche Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 268,88 EUR, bezogen auf den 30.4.2003 als Ende der Ehezeit, vom Versicherungskonto des Ehemannes auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertragen. Ferner wurden zum Ausgleich der beiderseitigen Anwartschaften aus betrieblicher Altersversorgung - der Ehefrau bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), des Ehemannes bei der Firma A. GmbH - weitere gesetzliche Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 47,60 EUR, ebenfalls bezogen auf den 30.4.2003, vom Ehemann auf die Ehefrau übertragen. Das AG hatte zwar eine hälftige Differenz von monatlich 219,27 EUR zwischen den - jeweils gem. § 1587a Abs. 3 BGB a.F. dynamisierten - betrieblichen Anwartschaften ermittelt, den öffentlich-rechtlichen Ausgleich nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG a.F. aber auf den nach dieser Vorschrift maßgeblichen Höchstbetrag beschränkt. Wegen des den Höchstbetrag überschreitenden Ausgleichsanspruchs wurde die Ehefrau auf einen späteren schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen.

Mit einem am 18.12.2009 beim AG eingegangenen und dem Ehemann im Januar 2010 zugegangenen Schriftsatz hat die Ehefrau ergänzende schuldrechtliche Ausgleichsansprüche im Hinblick auf die vom Ehemann seit dem 1.5.2008 von der Firma A. GmbH bezogene Betriebsrente geltend gemacht. Der Ehemann hat die Auffassung vertreten, der Ehefrau stünden keine Ausgleichsansprüche mehr zu, weil die Eheleute am 5.11.2003 einen notariellen Vertrag geschlossen hätten, in dem sie unter IV § 2 übereinstimmend erklärt hätten, dass mit Abschluss dieser Vereinbarung sämtliche wechselseitigen Ansprüche - gleich aus welchem Rechtsgrund - erledigt seien. Mit Schriftsatz vom 24.2.2010 hat die Ehefrau ferner zum Ausdruck gebracht, sie wolle erreichen, dass der Versorgungsträger den ihr zustehenden Anteil an der Betriebsrente des Ehemannes direkt an sie überweise.

Das AG hat (formularmäßig) eine Auskunft der Firma A. GmbH über das vom Ehemann bei diesem früheren Arbeitgeber erworbene betriebliche Anrecht eingeholt und mit dem angefochtenen Beschluss "im Wege der internen Teilung" zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei dem genannten Betrieb zugunsten der Ehefrau "ein Anrecht i.H.v. 48.047,45 EUR" übertragen. Damit hat es offensichtlich lediglich eine Teilentscheidung treffen wollen. Wie sich aus den Gründen ergibt, war das AG der Auffassung, dass der Ehefrau noch eine Beteiligung an der vom Ehemann in der Zeit vom 1.1.2010 bis zur...

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