Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung der Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts

 

Leitsatz (amtlich)

Beauftragt die im Gerichtsbezirk ansässige Partei einen außerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassenen Rechtsanwalt, so sind dessen tatsächlichen Reisekosten regelmäßig nicht bis zur höchstmöglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks erstattungsfähig, sondern lediglich bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohnsitz der Partei ansässigen Prozessbevollmächtigten (gegen LG Düsseldorf NJW 2015, 498).

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 21.04.2015; Aktenzeichen 6 O 31/13)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 12.5.2015 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 6. Zivilkammer des LG Hannover vom 21.4.2015 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 500 EUR.

 

Gründe

I. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 769 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, nachdem das LG es aus nicht nachvollziehbaren Gründen unterlassen hat, dem Kläger den Kostenfestsetzungsbeschluss förmlich zuzustellen.

Entgegen der Annahme des LG im Nichtabhilfebeschluss vom 11.6.2015 handelt es nicht um eine im eigenen Namen des Prozessbevollmächtigten des Klägers eingelegte sofortige Beschwerde. Zwar heißt es in der Beschwerdeschrift, dass "wir" gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Beschwerde einlegen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung lässt allein die Verwendung der "Ich-Form" in einem Rechtsbehelfsschriftsatz eines Rechtsanwalts grundsätzlich keine Zweifel daran aufkommen, dass der Rechtsanwalt in seiner Eigenschaft als Prozessbevollmächtigter seiner Partei für diese den Rechtsbehelf einlegen will (BGH, Urt. v. 5.10.2010 - VI ZR 257/08 -, juris). In der Regel sei davon auszugehen, dass ein Rechtsanwalt richtige Prozesserklärungen abgeben wolle. Danach ist nicht zweifelhaft, dass das Rechtsmittel im Streitfall für den Kläger eingelegt worden ist.

II. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Ohne Erfolg wendet sich der Kläger gegen die unterbliebene Berücksichtigung der Reisekosten seines Prozessbevollmächtigten von H. nach H. bzw. H. nach C. i.H.v. mehr als 200 EUR. Die Rechtspflegerin hat die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Recht verneint. Auf die angefochtene Entscheidung und den Nichtabhilfebeschluss vom 11.6.2015 wird Bezug genommen. Die beantragte Festsetzung von fiktiven Reisekosten bis zur höchsten Entfernung innerhalb des Landgerichtsbezirks Hannover kommt nicht in Betracht.

Die Auffassung der Rechtspflegerin steht in Einklang mit der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Reisekosten eines Rechtsanwalts am sog. dritten Ort. Soweit der Kläger geltend macht, diese Rechtsprechung sei veraltet, verkennt er, dass eine richtige gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung nicht deshalb veraltet ist, weil das LG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 18.12.2014 (6 O 455/11, NJW 2015, 498) als Instanzgericht eine anderslautende falsche Entscheidung getroffen hat.

Der BGH vertritt seit langem die Ansicht, dass wenn eine Partei, die im eigenen Gerichtsstand verklagt wird, mit ihrer Vertretung aber einen auswärtigen Rechtsanwalt beauftragt, es sich bei dem dadurch anfallenden Mehraufwand regelmäßig nicht um Kosten handele, die für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig seien (vgl. BGH NJW 2003, 901). Lediglich die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der seine Kanzlei in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes der Partei habe, sei in der Regel als notwendige Maßnahme der Rechtsverfolgung oder -verteidigung anzuerkennen. Wenn eine Partei daher am eigenen Gerichtsstand verklagt werde und gleichwohl einen Rechtsanwalt am dritten Ort einschalte, scheide die Erstattung von Reisekosten grundsätzlich aus. Mit dieser Begründung hat der BGH im damals entschiedenen Fall, in dem eine im Landgerichtsbezirk K. wohnhafte Partei von Rechtsanwälten aus S. vertreten worden war, nicht Reisekosten eines Rechtsanwalts am entferntesten Ort des Landgerichtsbezirks K. zugesprochen. Er hat vielmehr die Entscheidung des LG, die zugunsten des Beklagten lediglich die Kosten einer fiktiven Informationsreise von seinem Wohnort zu einem Rechtsanwalt am Gerichtsort in K. für erstattungsfähig angesehen hatte, gebilligt. Diese Entscheidung wäre falsch, wenn die Ansicht des LG Düsseldorf zuträfe.

Diese Grundsätze hat der BGH weiter vertieft. So hat der BGH im Jahre 2011 in einem Fall, in dem ein im Landgerichtsbezirk B. wohnhafter Kläger einen Beklagten vor dem LG B. in Anspruch genommen hatte und sich durch Rechtsanwälte aus B. hat vertreten lassen, ausgeführt, erstattungsfähig seien auch hier nur diejenigen Kosten eines Prozessbevollmächtigten, die aus einem Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts- ...

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