Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit eines Verzichts auf Nachabfindungsansprüche gemäß § 13 HöfeO

 

Normenkette

BGB §§ 138, 2346, 2348; HöfeO § 13

 

Verfahrensgang

AG Rotenburg (Wümme) (Entscheidung vom 14.02.2023; Aktenzeichen 11 Lw 37/22)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr Verfahrenskostenhilfegesuch zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Rotenburg (Wümme) vom 14. Februar 2023 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 28. Juni 2023 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die gerichtliche Inanspruchnahme des Antragsgegners, ihres Bruders, im Wege eines Stufenantrags auf Auskunftserteilung und Zahlung. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit notariellem "Überlassungsvertrag" vom 21. Juni 1991 (UR-Nr. XXX des Notars W. R. mit Amtssitz in R. übertrug der am 4. März 2013 verstorbene Vater der Beteiligten, der Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts von S. Bl. ... eingetragenen Hofes im Sinne der Höfeordnung mit einer Gesamtfläche von rd. 75 ha war, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge der Antragstellerin mit Zustimmung seiner Ehefrau, der am 11. September 2005 verstorbenen Mutter der Beteiligten, ein Baugrundstück mit einer Größe von ca. 1.000 m2. Außerdem verpflichtete er sich gemeinsam mit seiner Ehefrau für die Dauer von 15 Jahren zur Leistung einer monatlichen Zahlung in Höhe von 430 DM an die Antragstellerin. Die Antragstellerin sowie ihre ebenfalls bedachte Schwester S. C. erklärten sich in § 4 des "Überlassungsvertrags" mit dem Erhalt der aufgeführten Leistungen aus dem Vermögen ihrer Eltern für abgefunden und verzichteten für sich und ihre Abkömmlinge auf etwaige Pflichtteilsansprüche nach ihren Eltern einschließlich etwaiger Nachabfindungsansprüche aus § 13 HöfeO.

Mit Hofübergabevertrag vom 8. März 2002 zu UR-Nr. XXX des Notars R. mit Amtssitz in R. übertrug der Vater der Beteiligten seinen vorgenannten Hof dem Antragsgegner im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Außerdem erhielt der Antragsgegner von der Mutter der Beteiligten den im Grundbuch von S. Blatt ... eingetragenen Grundbesitz mit einer Größe von 5,4783 ha. Nach dem Tod des Vaters veräußerte der Antragsgegner - nach seinen Angaben aus gesundheitlichen Gründen - Teile des Hofs, so u.a. die Hofstelle, die verbliebenen Flächen verpachtete er. Der im Grundbuch von S. Blatt ... eingetragene Hofvermerk wurde am 2. Februar 2017 gelöscht.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass der von ihr erklärte Verzicht auf Nachabfindungsansprüche unwirksam sei und ihr deswegen angesichts der vom Antragsgegner aus den Grundstücksverkäufen voraussichtlich erzielten "Millionenbeträge" Zahlungsansprüche gegen ihn zustünden; zumindest sei der Antragsgegner aber verpflichtet, ihr Auskunft über die Höhe seiner Einnahmen aus der Verwertung der ihm übertragenen Hofgrundstücke zu erteilen.

Ihre Rechtsauffassung zur Unwirksamkeit des Pflichtteils- und Nachabfindungsverzichts hat die Antragstellerin zunächst darauf gestützt, dass der beurkundende Notar weder über die Auswirkungen des Verzichts belehrt habe, noch der Überlassungsvertrag durch das Familiengericht genehmigt worden sei, obwohl die Antragstellerin nicht nur für sich, sondern auch für ihre Abkömmlinge auf Ansprüche verzichtet habe. Dies führe zu einer Unwirksamkeit des Verzichts insgesamt, da die Regelungen im "Überlassungsvertrag" wegen ihrer Verwendung in einer Vielzahl von Fällen Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von §§ 305 ff. BGB darstellten und insoweit das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion greife.

Außerdem hat die Antragstellerin geltend gemacht, dass ihr ein Recht auf Vertragsanpassung gem. § 313 Abs. 1, 2 BGB dergestalt zustehe, dass der Pflichtteils- und Nachabfindungsverzicht aufzuheben sei, weil sie den Vertrag mit ihren Eltern nur im Vertrauen auf die landwirtschaftliche Weiternutzung des Hofes durch den Antragsgegner geschlossen habe.

Nachdem das Landwirtschaftsgericht dieser Argumentation der Antragstellerin nicht gefolgt ist und ihr Begehren auf Verfahrenskostenhilfe mit Beschluss vom 14. Februar 2023 zurückgewiesen hat, will die Antragstellerin die vermeintliche Unwirksamkeit ihres Pflichtteils- und Nachabfindungsverzichts - wie in der Begründung ihrer am 9. März 2023 erhobenen (sofortigen) Beschwerde ausgeführt - aus dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit herleiten. Denn es liege nach ihrer Auffassung ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert des von ihren Eltern an sie Geleisteten ("Mini-Grundstück") und der von ihr erbrachten Gegenleistung (Verzicht auf weitere Ansprüche) vor; außerdem hätten die Eltern ihre Jugend und Unerfahrenheit ausgenutzt, um sie - gleichermaßen wie ihre Schwester - ein für alle Mal von Pflichtteils- und Nachabfindungsansprüchen auszuschließen. Hierfür spräche insbesondere, dass der "Überlassungsvertrag" nicht als "Erb- und Pflichtteilsvertrag" bezeichnet worden sei, keine Belehrungen in die Vertragsurkunde aufgenomm...

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