Leitsatz (amtlich)

1. Im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung eines bereits bestehenden Titels, die in der Regel durch Versäumnisurteil abgeschlossen werden, würde eine verständige Partei, die die Kosten hierfür selbst aufbringen müsste, abwarten, ob sich das Verfahren aufgrund der vom Generalbundesanwalt vorbereiteten Schriftssätze erledigt, so dass PKH nicht zu gewähren ist.

2. Im Falle eines streitigen Verfahrensfortganges ist die Antragstellerin nicht verpflichtet, sich statt durch einen Rechtsanwalt durch das Jugendamt oder eine andere Behörde vertreten zu lassen.

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 20.12.2005; Aktenzeichen 88b H 129/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Hannover vom 20.12.2005 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO). Daran ändert hier auch nichts die Tatsache, dass sie von dem bisher nicht beigeordneten Rechtsanwalt ... in ... eingereicht worden ist (BGH v. 26.10.1989 - III ZR 147/88, BGHZ 109, 163 ff. = MDR 1990, 318; OLG Köln NJW-RR 2000, 238). Rechtsanwalt ... hat vom Generalbundesanwalt Vollmacht zur Vertretung der Antragstellerin erhalten. Die Formulierung "legen wir ... sofortige Beschwerde ein" ist dahin auszulegen, dass die Beschwerdeeinlegung im Namen der vertretenen Antragstellerin erfolgen soll (Zimmermann, Prozesskostenhilfe in Familiensachen, 2. Aufl. Rz. 725).

Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Antragstellerin hat derzeit noch keinen Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 121 Abs. 2 ZPO). Nach dieser Vorschrift ist ein Rechtsanwalt (nur dann) beizuordnen, wenn die Vertretung im Verfahren durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist. Über die Frage der Erforderlichkeit ist jeweils im Rahmen der Einzelfallprüfung zu entscheiden. Maßgeblich ist, ob unter Berücksichtigung von Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache ein sachliches und persönliches Bedürfnis für die anwaltliche Hilfe besteht (KG FamRZ 1995, 629).

Davon ist hier bisher nicht auszugehen. Das Verfahren ist weder schwierig noch umfangreich. Die Antragstellerin verkennt zudem, dass es sich vorliegend nicht um einen Unterhaltsprozess handelt (für den u.U. von vornherein die Notwendigkeit einer Beiordnung zu bejahen wäre), sondern um das Verfahren über die Vollstreckbarerklärung eines bereits bestehenden Titels. Solche Verfahren enden in aller Regel ohne mündliche Verhandlung durch Versäumnisurteil. Eine verständige Partei, die die Kosten hierfür selbst aufbringen müsste, würde vor Einschaltung eines Anwaltes abwarten, ob sich das Verfahren aufgrund der vom Generalbundesanwalt vorbereiteten Schriftsätze ohne Weiteres Zutun wie oben beschrieben von selbst erledigt. Zwar lebt die Antragstellerin in den Vereinigten Staaten von Amerika. Sie ist allerdings nur dann auf sachkundige Hilfe vor Ort angewiesen, wenn sich der Antragsgegner in der Sache selbst melden sollte und es infolge dessen zur mündlichen Verhandlung über Fragen der Vollstreckbarerklärung kommt. Bis dahin kann ihr, zumal die Entgegennahme von Schriftstücken und Ladungen seitens des Gerichts dem Generalbundesanwalt weder personell noch kostenmäßig überfordern dürfte, zugemutet werden abzuwarten, ob es zu einem Versäumnisurteil oder zu einem streitigen Verfahren kommt.

Bis dahin ist es folglich nicht zu beanstanden, wenn das AG die Erforderlichkeit der Beiordnung verneint.

Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass es im Falle eines streitigen Verfahrensfortgangs der Beiordnung des gewählten Rechtsanwalts ..., dann allerdings zu den von diesem auch akzeptierten Bedingungen eines in Hannover ansässigen Rechtsanwaltes bedarf. Insbesondere kann die Antragstellerin auch bei Berücksichtigung fiskalischer Gesichtspunkte nicht verpflichtet werden, sich in einem streitigen Gerichtsverfahren statt durch einen Rechtsanwalt durch das Jugendamt oder eine andere Behörde vertreten zu lassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1532526

FamRZ 2006, 1612

OLGR-Nord 2006, 713

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