Leitsatz (amtlich)

›Ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung, dessen Sachverhaltsdarstellung nur durch Kenntnisnahme vom Inhalt mehrerer in die Antragsschrift einkopierter umfänglicher Schriftstücke, auf deren genauen und vollständigen Wortlaut es nicht ankommt, verständlich wird, ist unzulässig, weil er eine unstatthafte Umgehung der Formvorschrift des § 172 Abs. 3 S. 1 StPO darstellt.‹

 

Gründe

Der gemäß § 172 Abs. 2 StPO statthafte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zwar fristgerecht erhoben worden, entspricht jedoch nicht der gemäß § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO erforderlichen Form und ist daher unzulässig.

Nach dieser Bestimmung muß der Antrag die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die sie belegenden Beweismittel angeben. Nach einhellig vertretener Auffassung in der Rechtsprechung ist hierzu eine in sich geschlossene und aus sich heraus verständliche Darstellung des Sachverhalts erforderlich, aus dem sich der dem Beschuldigten zur Last gelegte Straftatbestand ergibt und der bei Unterstellung hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage in materieller und formeller Hinsicht rechtfertigen würde (vgl. Senatsbeschluß NStZ 1988, 568; OLG Hamm NStZ 1992, 250; KK-Wache/Schmid, StPO, 3. Aufl., Rdnrn. 34 ff. zu § 172; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 42. Aufl., Rdnr. 27 zu § 172, jeweils m.w.N.). Dadurch soll das Oberlandesgericht in die Lage versetzt werden, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten samt etwaiger Beiakten eine "Schlüssigkeitsprüfung" vorzunehmen (OLG Düsseldorf StV 1983, 498). Die hierfür erforderliche Sachverhaltsschilderung kann anerkanntermaßen nicht ganz oder teilweise durch eine Bezugnahme auf den Akteninhalt oder auf dem Antrag beigefügte Anlagen ersetzt werden. Eine solche Bezugnahme ist nur insoweit unschädlich, als die in Bezug genommenen Anlagen lediglich der näheren Erläuterung des für sich bereits uneingeschränkt verständlichen Antragsvorbringens dienen; eine Bezugnahme ist jedoch dann nicht zulässig, wenn erst durch Kenntnisnahme vom Inhalt der in Bezug genommenen Anlagen oder sonstigen Schriftstücke die erforderliche geschlossene Sachdarstellung erreicht wird (Entscheidung des hiesigen 1. Strafsenats - 1 Ws 15/85 - vom 9. August 1985). Denn eine solche Art der Darstellung würde, da nicht mehr die eigene Sachdarstellung tragendes Element des Antrages ist, zu einer Umgehung der Formvorschrift des § 172 StPO führen. Im Klageerzwingungsverfahren ist es nicht Aufgabe des Oberlandesgerichts, sich aus den Akten bzw. aus den der Antragsschrift beigefügten Anlagen zusammenzustellen, was der Begründung des Antrags dienen könnte (OLG Düsseldorf a.a.O.). Nichts anderes aber kann gelten, wenn - wie hier - in Bezug genommene (noch dazu umfängliche) Anlagen der Antragsschrift nicht beigefügt, sondern in der Weise in die Antragsschrift fotokopiert eingefügt sind, daß ohne Kenntnisnahme derselben das Antragsvorbringen nicht verständlich ist. Denn auch diese Art des Vorbringens führt zu einer unstatthaften Umgehung der Formvorschrift des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO, weil auch dadurch die erforderliche eigene Sachdarstellung durch Bezugnahmen auf andere Schriftstücke ersetzt wird (OLG Düsseldorf a.a.O.).

Aus diesem Grunde genügt der Sachvortrag in der Antragsschrift dem Erfordernis einer geschlossenen und aus sich heraus verständlichen Darstellung des Sachverhalts nicht. Der vorliegende Antrag auf gerichtliche Entscheidung teilt nicht zusammenhängend und allein aus sich heraus verständlich die Tatsachen mit, nach denen genügender Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage bestehen soll: Die Antragsschrift umfaßt 14 fortlaufend numerierte Seiten, davon 7 Seiten - zumeist nur einen Satz umfassend - als Überleitung zu nachgehefteten Ablichtungen; unpaginiert dazwischengeheftet sind 46 Seiten Ablichtungen, nämlich mehrere Schriftsätze in einem Zivilrechtsstreit (13 Seiten), Terminsprotokolle (3 Seiten), ein Gutachten mit Anlagen (20 Seiten), ein Urteil (7 Seiten) und Fotos (3 Seiten). Dabei kam es auch nicht etwa auf den vollständigen Wortlaut der fotokopierten Urkunden an.

Würde der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht an dem aufgezeigten Formmangel scheitern, hätte der Antragsteller im übrigen auch keinen Sachverhalt vorgetragen, der Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage gäbe. Das eigene Antragsvorbringen ist insoweit bereits unschlüssig, als sich aus dem in die Antragsschrift eingefügten Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 24. Februar 1997 gerade keine Täuschungshandlung der Beschuldigten ergibt, die zu einem Vermögensschaden des Antragstellers geführt hat: Die bei der Geltendmachung eines immateriellen Anspruchs entstandenen Prozeßkosten dürften keinen unmittelbaren Schaden i.S. des § 263 StGB darstellen. Indes kann auch dies hier offenbleiben, weil die Klage des Antragstellers nach den Urteilsgründen allein deshalb erfolglos geblieben ist, weil er als Kläger eine wesentliche Beeinträchtigung i.S. von § 906 Abs. 1 BGB nicht hin...

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