Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich. Berechnung des Versorgungsausgleichs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein durch vorzeitige Inanspruchnahme einer Betriebsrente ausgelöster Versorgungsabschlag ist im Versorgungsausgleich außer Betracht zu lassen, soweit er durch Zeiten vorzeitigen Rentenbezuges außerhalb der Ehezeit verursacht worden ist.

2. Eine im Zeitpunkt der Entscheidung bereits laufende Betriebsrente, die nur im Leistungsstadium volldynamisch ist, ist ohne Umwertung in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Die Rente ist jedoch entsprechend der seit Ehezeitende eingetretenen Entwicklung ihrer persönlichen Bemessungsgrundlage auf das Ende der Ehezeit zurückzurechnen.

3. Eine Rente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, die aufgrund der Strukturreform zum 1.1.2002 neu berechnet worden ist (sog. Startgutschrift), muss im Abänderungsverfahren nach § 10a VAHRG auf ein früheres Ehezeitende zurückgerechnet werden. Diese Rückrechnung kann i.d.R. entsprechend der Entwicklung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts vom Ehezeitende bis zum 31.1.2001 erfolgen.

 

Normenkette

BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 3; VAHRG § 10a

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 02.09.2004; Aktenzeichen 620 F 2636/03)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - FamG - Hannover vom 2.9.2004 geändert.

Der Antrag des Antragstellers, die im Urteil des AG - FamG - Hannover vom 1.12.1983 getroffene Entscheidung zum Versorgungsausgleich abzuändern, wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten beider Instanzen hat der Antragsteller zu tragen, der der Antragsgegnerin auch ihre notwendigen Auslagen zu erstatten hat.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der am 30.5.1939 geborene Antragsteller und die am 29.11.1942 geborene Antragsgegnerin haben am 6.7.1962 miteinander die Ehe geschlossen. Am 28.1.1983 wurde der Ehefrau der Scheidungsantrag des Ehemannes zugestellt. Mit Urt. v. 1.12.1983 (AG Hannover, Urt. v. 1.12.1983 - 210 F 6/83) hat das AG - FamG - Hannover die Ehe der Parteien geschieden. Zugleich wurde der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei ist das AG von folgenden in der Ehezeit (1.7.1962 bis 31.12.1982; § 1587 Abs. 2 BGB) erworbenen Versorgungsanwartschaften der Parteien ausgegangen:

Ehemann:

Gesetzliche Rentenversicherung 757,40 DM

Ehefrau:

Gesetzliche Rentenversicherung 263,10 DM

Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (Anwartschaft auf Versicherungsrente, dynamisiert) 6,01 DM

269,11 DM

In Höhe der Hälfte der Differenz zwischen den insgesamt von beiden Eheleuten erworbenen Anwartschaften, also 757,40 DM./. 269,11 DM = 488,29 DM: 2 = 244,15 DM, bezogen auf den 31.12.1982 als Ende der Ehezeit, hat das AG von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Hannover monatliche Rentenanwartschaften auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA Hannover übertragen.

Der Ehemann hat mit Antrag vom 11.6.2003, beim AG am 12.6.2003 eingegangen, Abänderung der genannten Entscheidung beantragt. Das AG hat daraufhin Folgendes ermittelt: Der Ehemann bezieht seit dem 1.6.1999 aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (§ 38 SGB VI a.F., jetzt § 237 SGB VI); deren Ehezeitanteil beträgt nach Auskunft der LVA Hannover - bezogen auf das Ende der Ehezeit (31.12.1982) - monatlich 384,61 EUR.

Die Ehefrau bezieht seit dem 1.12.2002 aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente für Frauen gem. § 237a SGB VI; deren Ehezeitanteil beträgt nach Auskunft der LVA Hannover - bezogen auf das Ende der Ehezeit - monatlich 195,92 EUR.

Ferner bezieht die Ehefrau ebenfalls seit dem 1.12.2002 von der Zusatzversorgungskasse (ZVK) der Stadt Hannover eine Rente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Deren Höhe war zum 1.1.2002 als "Startgutschrift" aufgrund der Strukturreform mit monatlich 371,94 EUR festgestellt worden. Die ZVK hat den "maßgebenden Betrag der Betriebsrente für die Ehezeit" wie folgt errechnet:

Startgutschrift bezogen auf das Ende der Ehezeit:

gesamtversorgungsfähiges Entgelt zum Ende der Ehezeit 1.139,38 EUR

371,94 EUR × ... = 216,15 EUR

gesamtversorgungsfähiges Entgelt zum 31.12.2001 1.960,55 EUR

Vom-Hundert-Satz für die Ehezeit:

Jahre in der Ehezeit 6,74 Jahre × 100 GBQ Ehezeit 0,79

... × ... = 26,99 %

Jahre insgesamt 24,66 Jahre GBQ insgesamt 0,80

(GBQ: Gesamtbeschäftigungsquotient; dieser drückt aus, in welchem Verhältnis die tatsächliche Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigung zur Arbeitszeit eines durchgehend Vollbeschäftigten steht)

Der auf die Ehezeit entfallende Anteil der Betriebsrente beträgt

26,15 EUR × 26,99 % = 58,34 EUR

Dieses Anrecht hat sich durch die vorzeitige Inanspruchnahme der Rente zum 1.12.2002 um 10,5 % gemindert. Der Rentenanspruch beträgt daher zum Ende der Ehezeit 52,21 EUR.

Das AG hat dieses Anrecht als volldynamisch angesehen und ohne Umwertung in folgende neue Gesamtausgleichsbilanz eingestellt:

Anrechte des Ehemannes aus gesetzl. Rentenversicherung 384,61 EUR

Anrechte der Ehefrau aus ...

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