Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Erstattung der vollen Verfahrensgebühr des Berufungsbeklagten bei Zugang der Berufungsbegründung erst mit der Entscheidung über das Rechtsmittel

 

Leitsatz (amtlich)

Dem obsiegenden Berufungsbeklagten, der die Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt hat, steht kein Anspruch auf Erstattung der vollen 1,6 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3200 RVG-VV zu, wenn ihm die Berufungsbegründung nicht vor, sondern erst zusammen mit der abschließenden Entscheidung des Berufungsgerichts über das Rechtsmittel zugegangen ist.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1, 2 S. 1; RVG-VV Nr. 3200

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Beschluss vom 18.02.2015; Aktenzeichen 5 O 179/14)

 

Tenor

Die am 10.3.2015 vorab per Telefax bei dem LG Lüneburg eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin vom gleichen Tag gegen den am 24.2.2015 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 5. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 18.2.2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 210,63 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Verfahren der Kostenfestsetzung darum, ob der Klägerin eine 1,6-fache Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren zu erstatten ist.

Die Beklagten haben gegen das am 24.10.2014 verkündete, ihnen am 4.11.2014 zugestellte Schlussurteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Lüneburg mit am 4.12.2014 bei dem OLG Celle eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tag Berufung eingelegt. Zugleich haben sie den Antrag angekündigt, das vorgenannte Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen (Bl. 81 f. d.A.). Der Klägervertreter hat mit Schriftsatz vom 12.12.2014 die Vertretung der "Beklagten" (richtigerweise: der Klägerin) angezeigt und den Antrag formuliert, die Berufung zurückzuweisen (Bl. 91 d.A.).

Der Vorsitzende des 3. Zivilsenats hat mit Verfügung vom 7.1.2015 die Beklagten darauf hingewiesen, dass innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eine Berufungsbegründung nicht eingegangen sei, weshalb beabsichtigt sei, die Berufung nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen (Bl. 93 d.A.). Zu der ihnen am 13.1.2015 zugestellten Verfügung wurde den Beklagten eine Frist zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gesetzt. Die Klägerin erhielt hiervon eine formlose Mitteilung. Mit am 13.1.2015 vorab per Telefax bei dem OLG eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tage haben die Beklagten ihre Berufung begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt (Bl. 96 - 103 d.A.). Mit Beschluss vom 22.1.2015, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 113 - 119 d.A. verwiesen wird, hat der 3. Zivilsenat des OLG Celle den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Zugleich sind den Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldnern auferlegt worden. Der Klägerin wurde die Berufungsbegründung der Beklagten und deren Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erstmalig gemeinsam mit dem Beschluss vom 22.1.2015 am 27.1.2015 zugestellt (Bl. 125 d.A.).

Mit dem angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.2.2015, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 138, 138 R d.A. Bezug genommen wird, hat die Rechtspflegerin der 5. Zivilkammer die von den Beklagten an die Klägerin für das Berufungsverfahren zu erstattenden Kosten auf 487,19 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Dabei hat sie entgegen dem Antrag der Klägerin nicht eine 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV-RVG, sondern gem. Nr. 3201 VV-RVG eine auf das 1,1-fache ermäßigte Verfahrensgebühr berücksichtigt.

Gegen den ihr am 24.2.2014 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Klägerin mit vorab per Telefax am 10.3. bei dem LG Lüneburg eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage sofortige Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, sie sei unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit berechtigt gewesen, unverzüglich einen Sachantrag und somit einen Gegenantrag zu stellen. Deshalb sei ihr eine 1,6-fache Verfahrensgebühr zu erstatten (Bl. 143 f. d.A.). Mit Nichtabhilfebeschluss vom 2.4.2015 hat die Rechtspflegerin das Verfahren dem OLG Celle zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 147, 147 R d.A.).

II. Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1

Nr. 1, 569 ZPO statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Mit Recht hat die Rechtspflegerin für die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Berufungsverfahren bei einem Gegenstandswert von bis zu 6.000 EUR lediglich eine auf das 1,1-fache ermäßigte Verfahrensgebühr nach §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3201 VV-RVG zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV-RVG) und 19 % Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV-RVG) festgesetzt.

Die 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV-RVG entsteht im Berufungsverfahren nach Vorbemerkung 3 Abs. 2 VV-RVG für das ...

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