Leitsatz (amtlich)

1. Sobald das erstinstanzliche Gericht in der Hauptsache entschieden hat, kann eine zuvor eingelegte sofortige Beschwerde gegen einen Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss allenfalls dann Erfolg haben, wenn das LG die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag verzögert hat.

2. Wegen der fehlenden materiellen Rechtskraft der Entscheidung kann im Rahmen der sofortigen Beschwerde gegen einen Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss dahingestellt bleiben, ob das Rechtsmittel unzulässig oder unbegründet ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 119, 127

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 04.12.2007; Aktenzeichen 9 O 215/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 7.1.2007 gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Hannover vom 4.12.2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 5.309,79 EUR.

 

Gründe

Die gem. §§ 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 Abs. 1, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

I. Es ist bereits zweifelhaft, ob die sofortige Beschwerde zulässig ist. Wie eine sofortige Beschwerde gegen einen Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss zu behandeln ist, wenn - wie im Streitfall - die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung zugeht, die sofortige Beschwerde aber erst nach Schluss dieser mündlichen Verhandlung eingelegt wird und zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung die Hauptsacheentscheidung bereits ergangen ist, wird unterschiedlich beurteilt.

Teile der obergerichtlichen Rechtsprechung nehmen an, dass die sofortige Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss in Anbetracht der erstinstanzlich ergangenen Hauptsacheentscheidung wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses generell unzulässig sei (OLG Düsseldorf FamRZ 1978, 915; OLG Düsseldorf OLGZ 1989, 255 f., zitiert nach JURIS Rz. 2 f.; OLG Hamm JurBüro 1977, 1779; BFH BB 1986, 187; vgl. ferner OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 102). Nach anderer Auffassung ist die sofortige Beschwerde zumindest dann unzulässig, wenn sie der Beschwerdeführer schon früher hätte einlegen können, ihm also eine Verletzung seiner prozessualen Sorgfaltspflichten vorgehalten werden kann (vgl. OLG Frankfurt MDR 1998, 494; OLG Brandenburg MDR 1999, 54, 55); danach kann beispielsweise gegen einen Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss zumindest dann zulässigerweise sofortige Beschwerde innerhalb der Rechtsmittelfrist eingelegt werden, wenn das Prozesskostenhilfegesuch erst zusammen mit der Hauptsachentscheidung beschieden wird (vgl. OLG Oldenburg NJW-RR 1991, 189).

Die Entscheidung dieser Frage kann indes dahingestellt bleiben, weil die sofortige Beschwerde jedenfalls unbegründet ist. Die Erfolgsaussicht einer Rechtsverteidigung ist grundsätzlich nach dem Sach- und Streitstand zur Zeit der Beschwerdeentscheidung zu beurteilen (vgl. OLG Hamm FamRZ 2006, 214). Wenn aber zu diesem Zeitpunkt bereits eine Hauptsacheentscheidung ergangen ist, ist die Erfolgsaussicht zu verneinen (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 127 Rz. 49). Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Erstgericht die Bewilligung durch nachlässige oder fehlerhafte Bearbeitung verzögert hat (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O.). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist am 27.8.2007 beim LG eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt hatte das LG bereits Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt, den es auf den zeitgleich gestellten Antrag der Beklagten vom 16.10.2007 auf den 11.12.2007 verlegt hat. Bereits mit Verfügung vom 3.9.2007 hat das LG der Beklagten zu ihrem Prozesskostenhilfeantrag Auflagen gemacht, insbesondere aufgegeben, nachvollziehbar zum Wert des vorhandenen Grundvermögens vorzutragen. Vortrag hierzu hat die Beklagte nach mehrfachen Fristverlängerungsanträgen erstmals mit dem beim LG am 13.11.2007 eingegangenen Schriftsatz vom 12.11.2007 gehalten. Zeitnah hat das LG mit dem angefochtenen Beschluss vom 4.12.2007, der Beklagten am 6.12.2007 zugestellt, der Beklagten die nachgesuchte Prozesskostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit versagt. In der sofortigen Beschwerde vom 7.1.2007 hat die Beklagte angekündigt, ergänzend vorzutragen und zu dem Wert der Immobilien Unterlagen vorzulegen. Das hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 18.1.2008, im Original beim LG eingegangen am 22.1.2008, getan. Wiederum zeitnah mit Beschluss vom 5.2.2008 hat das LG der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt, wo sie am 12.2.2008 eingegangen sind. Das den Rechtsstreit erster Instanz abschließende landgerichtliche Teil- und Schlussurteil ist am 8.2.2008 verkündet worden. Nach alledem lässt sich eine nachlässige oder gar verzögernde Handhabung bei der Bearbeitung des Prozesskostenhilfeantrags durch das LG nicht feststellen. Derartiges behauptet auch die Beklagte nicht.

Die Beklagte war im Übri...

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