Leitsatz (amtlich)

Hatte der als Vater festgestellte Mann keine konkreten Anhaltspunkte für einen Mehrverkehr der Mutter, kann die Billigkeitsabwägung gebieten, ihm die gesamten Verfahrenskosten einschließlich der Aufwendungen der Kindesmutter aufzuerlegen.

 

Verfahrensgang

AG Celle (Beschluss vom 18.12.2013; Aktenzeichen 8 F 8072/13)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Celle vom 18.12.2013 - 8 F 8072/13 - wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 2. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 2.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Kostenentscheidung, nachdem der Beteiligte zu 2. nach Einholung eines Abstammungsgutachtens als Vater der Antragstellerin festgestellt worden ist.

Die Antragstellerin und die Kindesmutter hatten im Verfahren angegeben, dass die Kindesmutter im gesetzlichen Empfängniszeitraum ausschließlich mit dem Beteiligten zu 2. Geschlechtsverkehr gehabt habe. Das hat die Kindesmutter in der Anhörung vor dem AG am 18.9.2013 bekräftigt.

Der Antragsgegner hat vorgetragen, er müsse bestreiten, der Vater der Antragstellerin zu sein. Er habe mit der Kindesmutter eine "Art Beziehung" gehabt, aber lediglich zwei Wochenenden mit ihr verbracht. Die anderen Wochenenden habe die Kindesmutter allein verbracht. Unmittelbar nach Feststellung der Schwangerschaft habe die Kindesmutter den Kontakt zu ihm eingestellt. Es bestehe die Befürchtung, dass die Schwangerschaft durch einen Geschlechtskontakt mit einem anderen Mann eingetreten sei.

Die Kindesmutter hat dazu vorgetragen, es hätten sich alsbald nach der Feststellung der Schwangerschaft Streitigkeiten entwickelt, aufgrund derer sie die Beziehung beendet habe.

Das AG hat den Beteiligten zu 2. in der angefochtenen Entscheidung als Vater der Antragstellerin festgestellt und ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Beteiligte zu 2. gegen die Kostenentscheidung.

II. Die Beschwerde ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die Verpflichtung des Beteiligten zu 2., die Kosten des Verfahrens zu tragen, beruht auf § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG. Die spezielle Kostenvorschrift des § 183 FamFG gilt nur, wenn ein Antrag auf Anfechtung der Vaterschaft Erfolg hat.

1. Ist - wie hier - die Kostenentscheidung in das Ermessen des erstinstanzlichen Gerichts gestellt, ist das Beschwerdegericht nicht befugt, die getroffene Entscheidung durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen. Die Überprüfung des Beschwerdegerichts beschränkt sich auf Ermessensfehler in Gestalt von Ermessensnichtgebrauch, Ermessensfehlgebrauch und Ermessensüberschreitung (BGH FamRZ 2007, 893, 895).

Vorliegend hat das AG zur Begründung seiner Kostenentscheidung lediglich auf § 81 FamFG Bezug genommen. Es ist daher nicht erkennbar, von welchen Tatsachen es sich bei seiner Entscheidung hat leiten lassen. Das ist ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs. Da die Voraussetzungen für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 69 Abs. 1 S. 2+3 FamFG nicht vorliegen, entscheidet der Senat gem. § 69 Abs. 1 S. 1 FamFG in der Sache unter Ausübung seines eigenen Ermessens selbst.

2. Nach § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG hat das Gericht einen weiten Ermessensspielraum, welcher Beteiligte welche Kosten zu tragen hat. Dabei kommt gleichermaßen in Betracht, die Kosten einem Beteiligten ganz aufzuerlegen, sie zwischen den Beteiligten aufzuteilen, die Kosten gegeneinander aufzuheben oder eine Kostenregelung zu treffen, die zwischen den Gerichtskosten und den Aufwendungen der Beteiligten differenziert bis hin zur Entscheidung, von der Erhebung von Kosten ganz oder teilweise abzusehen. Eine Einschränkung des Ermessens kann sich aus § 81 Abs. 2 FamFG ergeben, wonach in den dort aufgeführten Fällen die Kosten einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegt werden sollen (BGH FamRZ 2014, 744 Rz. 11).

Hiernach ist in jedem Verfahren eine Billigkeitsabwägung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu treffen. Ein hiervon unabhängiges Regel-Ausnahme-Verhältnis ist mit der vom Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsfreiheit der Gerichte bei Kostenentscheidungen im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht vereinbar (BGH FamRZ 2014, 744 Rz. 13).

Das Maß des Obsiegens und Unterliegens ist zwar ein Gesichtspunkt, der bei der Kostenentscheidung nach § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG berücksichtigt werden kann, doch ist zu beachten, dass Abstammungsverfahren nach der Neugestaltung in §§ 169 ff. FamFG als Antragsverfahren ausgestaltet sind, die nicht mehr als streitige Verfahren geführt werden. Daher kann das Maß des Obsiegens und Unterliegens nicht mehr allein für die Kostenentscheidung maßgebend sein, wenn weitere Umstände vorliegen, die Einfluss auf die Kostenverteilung haben können. Hier kommt insbesondere in Betracht, inwieweit ein Beteiligter Anlass für die Durchführung des Verfahrens gegeben hat (BGH FamRZ 2014, 744 Rz. 16 f.).

Für den F...

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