Leitsatz (amtlich)

1. Die Kompetenz des Verwalters zu dringenden Instandsetzungsmaßnahmen nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG umfasst in der Regel nicht die Vergabe eines Auf trags zu einer umfassenden Sanierung der Fassade.

2. Die Beschlussfassung der Eigentümerversammlung über eine Gesamtsanierung hat der Verwalter durch Ermittlungen über Möglichkeiten der Instandhaltung und -setzung sowie deren Kosten sorgfältig vorzubereiten, z. B. durch Einholung von Angeboten. Auf bloße Empfehlungen von Fachleuten darf er sich nicht verlassen.

 

Normenkette

WEG § 27

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 13.07.2001; Aktenzeichen 1 T 1400/99 - 61)

AG Hannover (Aktenzeichen 71 II 352/98)

 

Tenor

Die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin sowie die Anschlussbeschwerde der Antragsteller werden zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.

Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert beträgt 29.328,91 DM.

 

Gründe

Die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Auch die unselbständige Anschlussbeschwerde der Antragsteller ist unbegründet.

I.

Die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet. Sowohl das Amtsgericht als auch – ihm folgend – das Landgericht haben zutreffend erkannt, dass den Antragstellern eine Schadensersatzforderung in Höhe des von dem Ingenieurbüro … für Planung und Vergabe einer Fassadensanierung berechneten Honorars zusteht.

1. Die Antragsgegnerin haftet den Antragstellern aus positiver Vertragsverletzung des Verwaltervertrages i. V. m. § 31 BGB. Zwar handelte der Geschäftsführer der Antragsgegnerin im Außenverhältnis berechtigt, weil er aufgrund der Ziffer 3.2.1 über eine die Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtende Vollmacht verfügte. Er hat jedoch gegen die ihm im Innenverhältnis aufgrund des Verwaltervertrages gegenüber den Antragstellern bestehenden Verpflichtungen verstoßen.

2. Die Antragsgegnerin hat den zwischen den Beteiligten bestehenden Verwaltervertrag vom 13. Oktober 1992 zu Ziffer 3.2.3 (Bl. 12 ff. d. A.) schuldhaft verletzt. Die genannte vertragliche Regelung berechtigte die Antragsgegnerin als Verwalterin nur, in Notfällen Verträge über 8.000 DM ohne vorherige Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft einzugehen. Diese Pflicht hat der Geschäftsführer der Antragsgegnerin verletzt, indem er ohne Einverständnis der Wohnungseigentümergemeinschaft die … mit der Planung und Vergabe einer Fassadensanierung beauftragte.

Ein Notfall im Sinne des Verwaltervertrages lag nämlich nicht vor. Notfälle sind gemäß Ziffer 3.2.1 des Vertrages nur Instandsetzungen aus akutem Anlass, die unabwendbar und unaufschiebbar sind, um die Betriebs- oder Gebrauchsfähigkeit einer Anlage, Einrichtung und eines Gebäudes bzw. eines Teiles davon wieder herzustellen. Auch nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG sind nur solche Fälle als dringend einzustufen, die wegen ihrer Eilbedürftigkeit eine vorherige Einberufung einer WEG-Versammlung nicht mehr zulassen (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., 2000, § 27 Rn. 70 m. w. N.). Diese Voraussetzungen waren hier nicht erfüllt. Ein Dringlichkeitsfall lag ersichtlich schon deshalb nicht vor, weil im vorliegenden Fall die Feuchtigkeitsschäden sich bereits über Jahre hingezogen hatten, die Standfestigkeit der Fassade nicht beeinträchtigt war und eine Wohnungseigentümer-Versammlung vor Eintritt eines akuten Schadens bzw. Gefahrereignisses – wie schließlich auch geschehen und durchgeführt – möglich war.

3. Es lag auch kein Einverständnis der Antragsteller mit der Beauftragung der … vor. Eine solche Zustimmung ergab sich insbesondere nicht aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 28. Oktober 1996 zu TOP 04. Denn dieser Beschluss beinhaltete wörtlich:

Der Bauausschuss wird bevollmächtigt, gemeinsam mit der Verwalterin die erforderlichen Aufträge zu vergeben, die zur Beseitigung der jetzt gemeldeten Feuchtigkeitsschäden erforderlich sind. Die gesamte Summe wird auf brutto 40.000 DM begrenzt und die Kosten sollen aus der Rücklage entnommen werden. …

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin war die Beauftragung der … in der Bevollmächtigung von dem vorzitierten Beschluss zu TOP 04 nicht mit umfasst. Die WEG hatte nämlich zum Zeitpunkt der Beauftragung der … noch keinen Beschluss über eine Gesamtsanierung gefasst. In der Wohnungseigentümergesellschaftsversammlung vom 28. Oktober 1996 hatte sie sich gerade dagegen entschieden, ein Ingenieurbüro mit der Ausschreibung einer Gesamtsanierung zu beauftragen. Stattdessen hatte sie den oben zitierten alternativen Beschluss gefasst. Der Beschluss zu TOP 04 legte Zweck und Höhe der zu verwendenden finanziellen Mittel eindeutig fest. Die von der … erbrachte Leistung mag zwar die eine Vorbereitung einer Gesamtsanierung gewesen sein. Sie war aber, weil auch durch diese Maßnahme die Schäden gerade nicht beseitigt worden waren, nicht von der genannten Beschlussfassung im...

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