Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 22.04.2010; Aktenzeichen 18 O 346/07)

 

Tenor

Der Beschluss der 18. Zivilkammer des LG Hannover vom 22.4.2010 wird abgeändert.

Gegen die Schuldnerin wird ein Ordnungsgeld i.H.v. ... EUR, ersatzweise für je ... EUR ein Tag Ordnungshaft, zu vollziehen am Vorstandsvorsitzenden der Schuldnerin, festgesetzt.

Die Schuldnerin trägt die Kosten des Vollstreckungsverfahrens einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Vollstreckungsverfahrens wird auf bis zu ... EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist gem. § 793 ZPO statthaft sowie form- und fristgemäß i.S.d. § 569 ZPO eingelegt. Sie ist auch in der Sache begründet:

1. Die Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Das am 26.8.2008 verkündete Anerkenntnisurteil der 18. Zivilkammer des LG Hannover ist rechtskräftig. Die vollstreckbare Ausfertigung wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers am 3.9.2008 zugestellt (Bl. 153a d.A.). Die Zustellung an die Schuldnerin erfolgte am 29.8.2008 (Bl. 153 d.A.).

2. Die Schuldnerin hat im Zusammenhang mit dem mit ihrem Kunden Dr. S. unter dem 26./28.10.2009 geschlossenen Darlehensvertrag (Antrag Anlage S 1, Bl. 264 f., Annahme Anlage 3, Bl. 240) gegen ihre im Anerkenntnisurteil vom 26.8.2008 anerkannte Verpflichtung verstoßen, es zu unterlassen, gegenüber einem Nichtunternehmer die folgende oder inhaltsgleiche Klausel in Bezug auf Darlehensverträge zu verwenden:

"Beleihungswertermittlungsgebühr

Die mit der Abwicklung des Vertrages, insbesondere mit der Beleihung ... verbundenen Kosten von Gutachten, Schätzungen ... gehen zu Lasten des Bausparers."

Dies ergibt sich aus folgenden Umständen:

a) In ihren Allgemeinen Bausparbedingungen (Bl. 246) heißt es in § 17 Abs. 2 für Altverträge:

"Die mit der Abwicklung des Vertrages, insbesondere mit der Beleihung und der Verwertung von Sicherheiten verbundenen Auslagen (z.B. Notariats- und Gerichtskosten, Kosten von Baukontrollen) gehen zu Lasten des Bausparers."

Für die ab dem 13.7.2009 abgeschlossenen Verträge lautet die Formulierung im neuen § 17 Abs. 3 - lediglich orthografisch geändert - wie folgt:

"Die mit der Abwicklung des Vertrages, insbesondere mit der Beleihung und Verwertung von Sicherheiten verbundenen Auslagen (z.B. Notariats- und Gerichtskosten, Kosten von Baukontrollen) gehen zu Lasten des Bausparers".

b) Die Allgemeinen Bausparbedingungen wurden von der Schuldnerin ausdrücklich als "Bestandteil" des Darlehensvertrages mit dem Kunden Dr. S. bezeichnet (vgl. Darlehensvertrag, S. 5 der Anlage 3, Bl. 244).

c) Die Regelungen in § 17 der Allgemeinen Bausparbedingungen sind mit der im Anerkenntnisurteil enthaltenen Formulierung der untersagten Klausel nicht identisch. Sie sind jedoch inhaltsgleich und unterfallen daher ebenfalls dem dort enthaltenen Unterlassungsgebot. Der Schutzumfang des Unterlassungstitels beschränkt sich nämlich nicht nur auf Handlungen, die mit der in den Tenor aufgenommenen konkreten Verpflichtung identisch sind; er erstreckt sich auf alle Verletzungshandlungen, die der Verkehr als gleichwertig ansieht und bei denen die Abweichungen den Kern der Verletzungshandlungen unberührt lassen (Stöber in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 890 Rz. 3a m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.2.2010, VI-W (Kart) 4/09, zitiert nach juris, Rz. 6). Ein solcher Fall der Gleichwertigkeit liegt hier vor:

aa) Kern der durch das Anerkenntnisurteil übernommenen Verpflichtung ist es, auf Klauseln zu verzichten, die Nichtunternehmern im Rahmen des Abschlusses von Darlehensverträgen formularmäßig die Wertermittlungskosten für das zu beleihende Grundstück aufbürden, ohne dass der Vertragspartner weiß, in welcher Höhe er insoweit mit Kosten belastet werden kann.

Zwar ergibt sich aus dem Wortlaut der im Anerkenntnisurteil wiedergegebenen Klausel nicht, dass ihre Verwendung wegen des Fehlens einer Obergrenze der vom Adressaten zu tragenden Kosten untersagt wurde. Auch Tatbestand oder Entscheidungsgründe stehen hier - naturgemäß - nicht zur Auslegung zur Verfügung. Jedoch hat das LG im angefochtenen Beschluss zu Recht auf die Umstände des Zustandekommens des Anerkenntnisses hingewiesen. Aus dem Verhandlungsprotokoll vom 1.7.2008 (Bl. 146 f. d.A.) ergibt sich nämlich, dass das Anerkenntnis der Schuldnerin "mit Rücksicht auf die rechtlichen Hinweise der Kammer" erfolgt ist, mithin im Hinblick auf die vom LG geäußerte Rechtsauffassung, dass die Klausel wohl bereits mangels Angabe einer Obergrenze für die abgewälzten Kosten unwirksam sei. Der Gläubiger ist der Ankündigung der Schuldnerin, auf dieser Grundlage ein Anerkenntnis abgeben zu wollen, auch nicht entgegengetreten.

Die untersagte Klausel ist vor diesem Hintergrund dahin auszulegen, dass es der Schuldnerin untersagt ist, die streitbefangene Kostenabwälzung formularmäßig ohne Angabe einer Obergrenze vorzunehmen.

bb) Genau eine solche Kostenabwälzung enthalten indes auch die beiden zitierten Klauseln in § 17 der Allgemeinen Baus...

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