Leitsatz (amtlich)

1. Auch wenn dem Berufungsbeklagten bereits eine Frist zur Berufungserwiderung gesetzt ist, besteht aus der Sicht einer auf Prozesskostenhilfe angewiesenen Partei für die Beauftragung eines Verfahrensbevollmächtigten für das Berufungsverfahren erst dann eine Veranlassung, wenn entschieden ist, ob die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen oder Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt werden soll. Prozesskostenhilfe ist in einem solchen Fall nicht zu bewilligen, wenn die Bevollmächtigung schon vor der nach § 522 Abs. 2 ZPO erfolgten Zurückweisung der Berufung erfolgt ist, obwohl das Gericht seine Entscheidung darüber bereits angekündigt hat.

2. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Berufungsgericht den Berufungsbeklagten ausdrücklich auffordert, zu der Berufungsbegründung wegen darin enthaltener neuer Tatsachen Stellung zu nehmen; dies bedeutet für die Frage der Prozesskostenhilfebewilligung, dass mit Zugang der Aufforderung der Moment gekommen ist, in dem die arme Partei einen Rechtsanwalt für das Berufungsverfahren beauftragen kann und ihr die - in der Regel notwendige - Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 119, 522 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 27.04.2007; Aktenzeichen 4 O 352/06)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz zu bewilligen, wird gebührenfrei zurückgewiesen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Beklagte ist mit Urteil des LG Hannover vom 27.4.2007 auf Zahlung von 6.000 EUR an die Klägerin verurteilt worden. Seine gegen dieses Urteil gerichtete

Berufung vom 25.5.2007 hat er mit einem am 14.6.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet. Nach Eingang der Berufungsbegründung hat der Vorsitzende des Senats der Klägerin mit Verfügung vom 14.6.2007 eine Frist zur Berufungserwiderung bis zum 6.8.2007 gesetzt und zugleich darauf hingewiesen, dass der Senat voraussichtlich alsbald, jedoch nicht vor der am 3.7.2007 ablaufenden Frist zur Berufungsbegründung über die Frage entscheiden wird, ob die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen oder Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt werden soll. Kurze Zeit nach Erlass dieser Verfügung hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 18.6.2007, eingegangen am 20.6.2007, beantragt, ihr für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und den Unterzeichner beizuordnen. Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist hat der Senat am 4.7.2007 einen Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO erlassen, in dem es unter Hinweis auf Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 119 Rz. 55 auch darauf hingewiesen hat, dass eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin nicht veranlasst sei, weil für den Berufungsbeklagten keine Notwendigkeit zur Rechtsverteidigung bestehe, wenn das Berufungsgericht nach Eingang der Berufungsbegründung Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO erteilt.

Gleichwohl ist am 16.7.2006 die Berufungserwiderung der Klägerin vom 6.7.2007 eingegangen. Mit Beschluss vom 20.7.2007 hat der Senat nach Ablauf der dem Beklagten gesetzten Frist zur Stellungnahme dessen Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen, nachdem eine Stellungnahme nicht eingegangen und auch sonst keine Erklärung abgegeben worden ist. Auf den Hinweis des Senats an die Klägerin, ihr Prozesskostenhilfeantrag werde im Hinblick auf den Hinweis in dem Beschluss vom 4.7.2007 als erledigt angesehen, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 8.8.2007 erklärt, dass es wegen "einer unglücklichen Überschneidung" schon zum Zeitpunkt des Eingangs des Beschlusses vom 4.7.2007 zur Absetzung der Berufungserwiderung am 6.7.2007 gekommen sei. Aufgrund der Fristsetzung in der Verfügung des Vorsitzenden vom 14.6.2007 habe für die Klägerin sehr wohl Veranlassung bestanden, Prozesskostenhilfe zu beantragen und eine entsprechende Prozessbevollmächtigung auszusprechen.

II. Zwar ist der Schriftsatz vom 8.8.2007 als Aufrechterhaltung des Antrags der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren zu bewerten, so dass sich das Gesuch entgegen der Annahme in dem Hinweis vom 20.7.2007 nicht erledigt hat. Dem Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin konnte aber nicht entsprochen werden, weil, solange der Senat noch nicht über die Frage entschieden hatte, ob nach § 522 Abs. 2 ZPO verfahren werden soll, eine anwaltliche Vertretung der Klägerin in zweiter Instanz jedenfalls auf der Basis von Prozesskostenhilfe (anders möglicherweise bei der Frage der Notwendigkeit von Kosten i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO) nicht notwendig ist. Dass der Klägerin bereits eine Berufungserwiderungsfrist gesetzt war, ändert hieran nichts. Aus der Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 14.6.2007 (dort zu Ziff. 3) ging jedenfalls ungeachtet der gesetzten Berufungserwiderungsfrist auch hervor, dass der Senat noch nicht entschieden hatte, ob die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen oder Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt werden sollte (vgl. zu allem auch Zö...

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