Entscheidungsstichwort (Thema)

Pfändung des Taschengeldanspruchs eines Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Anspruch eines Ehegatten gegen den anderen auf ein Taschengeld, ist nicht etwa wegen der Natur des Anspruchs von vornherein unpfändbar. Bedingt pfändbar ist es unter den Voraussetzungen des § 850b Abs. 2 ZPO. Allerdings wird es normalerweise als unbillig anzusehen sein, einem Ehegatten das gesamte Taschengeld zu entziehen. Ein geringer Teil wird regelmäßig verbleiben müssen.

 

Normenkette

ZPO §§ 850b, 850c

 

Verfahrensgang

AG Peine (Aktenzeichen 7 M 1844/89)

LG Hildesheim (Aktenzeichen 5 T 214/90)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels der Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts vom 6. Juni 1990 teilweise geändert.

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 4. Mai 1990 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der – in Fotokopie mit dem vorliegenden Beschluß verbundene – Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts vom 12. Februar 1990 mit Wirkung für die Zukunft wiederhergestellt wird; allerdings mit dem Zusatz, daß der Schuldnerin aus dem Taschengeld pro Monat 50 DM zu belassen sind.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens und des weiteren Beschwerdeverfahrens tragen der Gläubiger 1/3 und die Schuldnerin 2/3.

Beschwerdewert: 11.000 DM

 

Gründe

I.

Der Gläubiger hat beim Amtsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß hinsichtlich der angeblichen Forderung der Schuldnerin gegen ihren Ehemann auf Zahlung eines Taschengeldes als Teil des Unterhaltsanspruchs erwirkt. Die dagegen gerichtete Erinnerung der Schuldnerin hat der Amtsrichter zurückgewiesen. Mit dem angefochtenen Beschluß, auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Beschluß des Amtsrichters sowie den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts vom 12. Februar 1990 aufgehoben und den Antrag des Gläubigers auf Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen.

II.

Die hiergegen gerichtete weitere Beschwerde des Gläubigers hat zu einem überwiegenden Teil Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig.

Die Statthaftigkeit unter dem Gesichtspunkt des § 568 Abs. 2 ZPO folgt schon daraus, daß das Landgericht eine andere, den Gläubiger erstmals beschwerende Entscheidung getroffen hat als das Amtsgericht.

Das Ziel der weiteren Beschwerde kann sich allerdings nicht, wie es in der weiteren Beschwerdeschrift anklingt, in der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts und in dem Ausspruch erschöpfen, daß es bei dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 22. März 1990 „verbleibt”. Denn durch die Aufhebungsanordnung des Landgerichts ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts … vom 22. März 1990 als solcher beseitigt, und er kann nicht etwa durch die Aufhebung eben dieser Aufhebungsanordnung mit Wirkung ex tunc wieder aufleben; vielmehr ist aufgrund des fortdauernden Pfändungsantrags der Erlaß eines neuen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses mit Wirkung für die Zukunft erforderlich (vgl. Baumbach/Hartmann ZPO 48. Aufl. § 829 Anm. 10 m.RsprNachw.). Vorliegend kann das Vorbringen des Gläubigers im weiteren Beschwerdeverfahren jedoch zwanglos dahin verstanden werden, daß er jedenfalls hilfsweise einen derartigen Neuerlaß gegebenenfalls durch das weitere Beschwerdegericht begehrt.

2. Mit seinem so verstandenen Begehren dringt der Gläubiger in der Sache auch überwiegend durch.

a) Ausgangspunkt ist, daß Gegenstand der Pfändung einer Geldforderung nur die „angebliche” Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner ist; d.h., für eine abschließende Prüfung, ob die behauptete Forderung überhaupt und in welchem Umfang sie besteht, ist im Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht grundsätzlich kein Raum.

Zur Prüfungszuständigkeit des Vollstreckungsgerichts gehört allerdings die Frage, ob der behauptete Anspruch seiner Art nach überhaupt pfändbar ist und ob, wenn es sich um einen nur bedingt pfändbaren Anspruch handelt, die Pfändung der Billigkeit entspricht (hier: § 850b Abs. 2 ZPO). Darüber hinaus kann sich die Frage stellen, ob nicht ein Rechtsschutzbedürfnis an der begehrten Pfändung fehlt, etwa wenn es an Anhaltspunkten dafür ermangelt, daß der gepfändete Anspruch gesetzliche Pfändungsgrenzen übersteigt.

b) aa) Mit der herrschenden Meinung geht der Senat davon aus, daß der Anspruch eines Ehegatten gegen den anderen auf ein Taschengeld, d.h. auf einen Geldbetrag, über den er zur Befriedigung reiner Privatinteressen frei verfügen kann (Palandt/Diederichsen BGB 49. Aufl. § 1360a Anm. 1 c), nicht etwa wegen der Natur des Anspruchs von vornherein unpfändbar, sondern unter den Voraussetzungen des § 850b Abs. 2 ZPO bedingt pfändbar ist (s. die umfangreichen Nachweise in OLG München FamRZ 1988, 1161; Baumbach/Hartmann a.a.O. § 850b Anm. 3b m.w.N.). Allerdings wird es normalerweise als unbillig anzusehen sein, dem Ehegatten das gesamte Taschengeld zu entziehen, jedenfalls e...

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