Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostensanktion bei wesentlicher Verzögerung der Gutachtenserstellung in Kindschaftssachen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Rahmen der isolierten Anfechtung von Kostenentscheidungen in Familiensachen, die auf der Ausübung des tatrichterlichen Ermessens beruhen, überprüft das - grundsätzlich auf die Kontrolle auf Ermessensfehler beschränkte - Beschwerdegericht uneingeschränkt das tatbestandliche Vorliegen eines der Fälle nach §§ 81 Abs. 2, 150 Abs. 4 Satz 2 bzw. 243 Satz 2 FamFG.

2. Die Voraussetzungen dafür, gem. § 81 Abs. 2 Nr. 4 FamFG die Kosten eines Umgangsverfahrens einem verfahrensbeteiligter Elternteil allein aufzuerlegen, können darin vorliegen, dass dieser die Erstellung des angeordneten Sachverständigengutachtens durch die Verweigerung zeitnaher Explorationstermine wesentlich verzögert hat (hier: Vereinbarung von Terminen für einen Zeitpunkt erst mehr als fünf Monate nach Kenntnis vom Beweisbeschluss und darauf beruhender Dauer der Gutachtenerstellung von mehr als neun Monaten).

 

Normenkette

FamFG § 81 Abs. 2 Nr. 4, § 27 Abs. 1, § 155 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 26.09.2013; Aktenzeichen 627 F 4847/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 26.9.2013 geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Antragsgegnerin, die dem Antragsteller auch seine außergerichtlichen Auslagen zu erstatten hat.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: 3.000 EUR

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin ist die Mutter der beiden betroffenen Kinder, der Antragsteller deren leiblicher (Betroffener zu 2.) bzw. sozialer Vater (Betroffener zu 1.). Das AG hatte - auf der Grundlage einer zwischen den Beteiligten im damaligen Termin getroffenen Vereinbarung - mit Beschluss vom 20.11.2006 den Umgang des Antragstellers mit beiden Kindern geregelt, der jedoch seitens der Antragsgegnerin anschließend nicht zugelassen wurde. Auch durch die Festsetzung von Zwangsgeld gegen die Antragsgegnerin konnte der Beschluss vom 20.11.2006 in der Folgezeit nicht durchgesetzt werden.

Am 24.9.2009 hat der Antragsteller daraufhin beim AG ein Vermittlungsverfahren beantragt. Im weiteren Rahmen dieses Verfahrens hat das AG mit Beschluss vom 15.1.2010, der den Beteiligten alsbald zugestellt wurde, die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet und zur Sachverständigen Frau Dr. F.-N. bestellt.

Die bestellte Sachverständige hat umgehend die Kindeseltern angeschrieben und versuchte, mit diesen die zur Gutachtenserstattung erforderlichen Termine abzusprechen. Die Antragsgegnerin, die im vorliegenden Verfahren auch als ihre eigene Verfahrensbevollmächtigte auftritt, hat der Sachverständigen lediglich die Daten der von ihr betriebenen Rechtsanwaltskanzlei angegeben, unter denen sie jedoch allenfalls bis 17:00 Uhr erreichbar war, und mitgeteilt, dass für sie das "Hauptanliegen" zunächst die Klärung der Kostentragung für das Gutachten sei. In einem - nach wiederholten erfolglosen Versuchen seitens der Sachverständigen - sodann geführten Ferngespräch der Antragsgegnerin mit der Sachverständigen wollte die Antragsgegnerin nach eigener Schilderung unter Hinweis auf angebliche sportliche Veranstaltungen und Nachhilfetermine der Kinder keinen der vorgeschlagen Gesprächstermine der Sachverständigen mit den Kindern akzeptieren.

Unter Behauptung angeblicher (jedoch in keiner Weise glaubhaft gemachter) Äußerungen der Sachverständigen im Rahmen des besagten Telephonats hat die Antragsgegnerin sodann gegen die Sachverständige ein Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit angebracht. Auch nachdem die behaupteten Äußerungen von der Sachverständigen nicht bestätigt worden waren, hat die Antragsgegnerin unverändert an ihrem Ablehnungsgesuch festgehalten, das daraufhin vom AG zurückgewiesen wurde.

In der Folgezeit hat die Antragsgegnerin weiterhin Gespräche der Sachverständigen mit den Kindern nicht ermöglicht, dieser vielmehr in der ersten Maihälfte 2010 mitgeteilt, dass sie sich nicht in der Lage sähe, vor dem 6.7.2010 Gesprächstermine zur Exploration für sich und die Kinder zu vereinbaren. Daraufhin sah sich die Sachverständige gezwungen, dem AG mit Schreiben vom 16.5.2010 anzuzeigen, dass die übliche Bearbeitungszeit für eine Begutachtung im vorliegenden Verfahren nicht eingehalten werden könne. Tatsächlich konnte das schriftliche Gutachten schließlich erst am 25.10.2010 erstattet werden.

Nach Wechsel des zuständigen Amtsrichters und einem - auch zwei weitere zwischen den Beteiligten rechtshängige Sorge- bzw. Ordnungsmittel-Verfahren betreffenden - Anhörungstermin am 18.5.2011, in dessen Rahmen die Sachverständige ergänzend berichtete und sich die Beteiligten bezüglich des Umgangs mit dem Betroffenen zu 1. auf eine inhaltliche Regelung einigten, hat das AG zum Abschuss des Verfahrens für den Umgang mit dem Betroffenen zu 2. einen Umgangspfleger bestellt.

Mit Be...

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