Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Haftung eines Gründungsgesellschafters wegen Verschuldens bei Vertragsschluss neben einer Prospekthaftung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Anwendungsbereich einer spezialgesetzlichen Prospekthaftung ist der Rückgriff auf die Grundsätze der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung ausgeschlossen (Anschluss an BGH, Beschluss vom 19.01.2021 - XI ZB 35/18, juris Rn. 26, NJW 2021, 1318).

2. Auch prospektverantwortliche Gründungsgesellschafter können einer Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss unterliegen, sofern eine nicht von der spezialgesetzlichen Prospekthaftung erfasste Sachverhaltsgestaltung vorliegt. Dies kommt insbesondere in Betracht für eine Haftung für mündliche Erklärungen der Mitarbeiter einer in den Vertrieb der Anlage eingeschalteten Vertriebsgesellschaft (Anschluss an BGH, Beschluss vom 27.04.2021 - XI ZB 35/18, juris Rn. 8, AG 2021, 707).

3. Gründungsgesellschafter haften gegenüber den Anlegern für eine fehlerhafte Aufklärung durch das Fehlverhalten im Vertrieb eingeschalteter Unternehmen, wobei deren Fehlverhalten den Gründungsgesellschaftern nach § 278 BGB zugerechnet werden kann, auch wenn sie nicht selbst für den Vertrieb verantwortlich sind. Anderes gilt nur dann, wenn das im Vertrieb eingeschaltete Unternehmen überhaupt nicht durch die Beteiligungsgesellschaften und deren Gesellschafter mit dem Vertrieb betraut wurde.

 

Normenkette

BGB §§ 241, 280, 311; BörsG § 44; BörsG a.F. § 46; VerkProspG § 13 a.F.

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Aktenzeichen 2 O 1573/19)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 21.12.2020, Az.: 2 O 1573/19, wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

III. Dieses Urteil sowie das Urteil des Landgerichts Bremen vom 21.12.2020, Az.: 2 O 1573/19, sind vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis EUR 25.000,- festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger beansprucht die Zahlung von Schadensersatz von den Beklagten aufgrund geltend gemachter Haftung aus Kapitalanlageberatung sowie Prospekthaftung im Zusammenhang mit dem Erwerb zweier Fondsbeteiligungen.

Der Kläger beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 06.10.2009 mit einer Zeichnungssumme in Höhe von EUR 10.000,00 zzgl. 1,5 % Agio an der A1 GmbH & Co. KG. Bei dieser Beteiligungsgesellschaft handelt es sich um einen geschlossenen Schiffsfonds, welcher als Dachfonds in ein Portfolio von auf dem Zweitmarkt gehandelten Schiffsbeteiligungen investierte. Die Beklagte zu 1. ist als Komplementärin Gründungsgesellschafterin dieser Beteiligungsgesellschaft. Zu dieser Beteiligungsgesellschaft wurde ein Emissionsprospekt unter dem Prospektaufstellungsdatum 10.02.2009 herausgegeben, der die B. GmbH als Prospektverantwortliche und weitere Kommanditistin der Beteiligungsgesellschaft benennt.

Mit weiterer Beitrittserklärung vom 01.05.2010 beteiligte sich der Kläger mit einer Zeichnungssumme in Höhe von EUR 15.000,00 zzgl. 1,5 % Agio an der A2 GmbH & Co. KG, wobei es sich auch bei dieser Beteiligungsgesellschaft um einen geschlossenen Schiffsfonds handelt, welcher als Dachfonds in ein Portfolio von auf dem Zweitmarkt gehandelten Schiffsbeteiligungen investierte. Die Beklagte zu 2. ist als Komplementärin Gründungsgesellschafterin dieser Beteiligungsgesellschaft. Zu dieser Beteiligungsgesellschaft wurde ein Emissionsprospekt unter dem Prospektaufstellungsdatum 22.02.2010 herausgegeben, der die B. GmbH als Prospektverantwortliche und weitere Kommanditistin der Beteiligungsgesellschaft benennt.

Alleinige Gesellschafterin der Beklagten zu 1. wie auch der Beklagten zu 2. ist nach den jeweiligen Prospektangaben die C. GmbH & Co. KG, vertreten durch deren Komplementärin, die D. GmbH, vertreten durch deren alleinigen Geschäftsführer Herrn E., der zugleich auch als Geschäftsführer der B. GmbH sowie - wiederum zusammen mit Herrn F. - als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. wie auch der Beklagten zu 2. angegeben wurde.

Dem Kläger wurden die Beteiligungen vermittelt durch die G. GmbH (nachfolgend G.). Vor den jeweiligen Zeichnungen fanden Telefonate zwischen dem Kläger und der G. bzw. ihrem Mitarbeiter H. statt, auf die hin der Kläger die Beteiligungen zeichnete, wobei der Inhalt dieser Gespräche im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist.

Der Kläger macht gegen die Beklagten wegen dieser Beteiligungen Ansprüche aufgrund von Prospekthaftung im engeren und weiteren Sinne geltend. Er meint, die Prospekte seien jeweils fehlerhaft und macht verschiedene Prospektfehler geltend [...].

Zudem macht der Kläger gegen die Beklagten Ansprüche wegen einer fehlerhaften Aufklärung und Beratung durch die G. ...

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