Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit einer Entgeltklausel für die Führung eines Pfändungsschutzkontos in AGB von Kreditinstituten

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Kreditinstitut darf für das Führen eines Girokontos als Pfändungsschutzkonto im Sinne des § 850k Abs. 7 Satz 2 ZPO kein höheres monatliches Entgelt als für das Führen eines Girokontos verlangen, weil das Kreditinstitut mit der Umwandlung des Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto auf entsprechendes Verlangen des Kunden eine gesetzliche Verpflichtung erfüllt. Entgeltklauseln, die für das Führen eines Pfändungsschutzkontos ein höheres Entgelt vorsehen, unterliegen daher einer Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB und stellen eine unangemessene Benachteiligung der privaten Kunden gem. § 307 Abs. 1 BGB dar.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1, 3 S. 1; ZPO § 850k Abs. 7 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 21.09.2011; Aktenzeichen 1 O 737/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Bremen, 1. Zivilkammer, vom 21.9.2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von EUR 25.000 abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein Verbraucherverband, macht Unterlassungsansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz gegen die Beklagte geltend.

Der Kläger ist der bundesweit tätige Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer 25 verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Er ist seit dem 16.7.2002 unter der Reg. Nr. II B 5 VZB e.V. in die heute beim Bundesjustizamt geführte Liste gem. § 4 UKlaG eingetragen.

Die Beklagte ist eine Sparkasse mit Sitz in Bremen. Sie verwendet ein Preis- und Leistungsverzeichnis, in dem als "Dienstleistung" unter B. 1.4 aufgeführt ist:

"Kontoführung Pfändungsschutzkonto.

monatlicher Pauschalpreis 7,50

Postenpreis frei

Ausnahme:

  • Einzelüberweisung (beleghaft) 0,50
  • Überweisung via Telefon 0,50
  • Sammelüberweisung (beleghaft) pro Posten 0,50
  • Barauszahlung per "gelber Quittung" 2,50
  • kostenpflichtige Kassenposten frei
  • Scheckeinreichung pro Scheck frei
  • Lastschrifteinreichung pro Lastschrift frei

Kontoauszug

tägliche Erstellung 0,10

Dauerauftrag

Einrichtung/Änderung/Aussetzung in der Filiale oder per Telefon 0,50

SparkassenCard frei

Servicecard pro Jahr 10,00"

Der monatliche Pauschalpreis für die Kontomodelle "Giro kompakt" beträgt EUR 6,75 und für das Modell "Giro standard" EUR 4,00, wobei ein Neuabschluss für beide - von Altkunden genutzte - Kontomodelle nicht mehr möglich ist. Die Kontoführung für das heute angebotene Kontomodell "GIROFLEXX" beträgt im Standardtarif EUR 7,50 monatlich; zudem sind Treueboni möglich.

Auf das Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten wird ergänzend verwiesen (Anlage K 1 = Bl. 10 ff. d.A.).

Mit Schreiben vom 22.2.2011 (Anlage K 2 = Bl. 23 ff. d.A.) forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 8.3.2011 vergeblich auf, hinsichtlich der für das Pfändungsschutzkonto gegenüber Nichtunternehmern verlangten Kontoführungsgebühr von EUR 7,50 eine beigefügte vertragsstrafebewehrte Unterlassungserklärung (s. Anlage K 3 = Bl. 29 f. d.A.) abzugeben; diese Regelung verstoße gegen § 307 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB, 850k ZPO.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, bei der angegriffenen Bestimmung des Pauschalpreises für die Kontoführung eines Pfändungsschutzkontos handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.d. §§ 305 ff. BGB, die als sog. Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle unterliege. Sie verstoße gegen die §§ 307 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB, 850k ZPO n.F., weil das Kreditinstitut ausweislich § 850k ZPO n.F. mit der Einrichtung des Pfändungsschutzkontos einer gesetzlichen Pflicht nachkomme, die Beklagte dies aber von der Zahlung einer höheren Preises abhängig mache, als sie für ein sonstiges Konto mit vergleichbaren Leistungen verlange.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Vereinbarungen über das Führen eines Pfändungsschutzkontos mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

Preis/EUR

1.4 Kontoführung Pfändungsschutzkonto

monatlicher Pauschalpreis 7,50

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 200 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die beanstandete Klausel unterliege als Preishauptabrede gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Zudem werde der Kunde durch diese Preisabred...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge