Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit von Bearbeitungsentgelten in AGB in Darlehensverträgen mit Unternehmern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts durch Allgemeine Geschäftsbedingungen in einem Darlehensvertrag ist auch im unternehmerischen Verkehr nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam wegen einer entgegen den Geboten von Treu und Glauben erfolgenden unangemessenen Benachteiligung des Darlehensnehmers.

2. Die Grundsätze aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit der Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten durch Allgemeine Geschäftsbedingungen sind auch auf Darlehensverträge im unternehmerischen Bereich übertragbar.

 

Normenkette

BGB § 305 Abs. 1, § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 488 Abs. 1 S. 2, § 812 Abs. 1 S. 1, § 812 Alt. 1

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 02.11.2016; Aktenzeichen 1 O 1743/15)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Bremen vom 02.11.2016 (Az.: 1 O 1743/15) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 300.000,- nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozentpunkten seit dem 01.10.2013 bis zum 11.09.2015 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.09.2015 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Wegen des Nachverfahrens wird der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Urkundenprozess um die Rückzahlung eines für ein gewerbliches Darlehen gezahlten Kreditbearbeitungsentgelts.

Die Klägerin und Berufungsklägerin schloss im Jahr 2013 mit der damals als "Z. AG" firmierenden Beklagten und Berufungsbeklagten einen Darlehensvertrag über die Gewährung eines gewerblichen Bauzwischenfinanzierungskredits über EUR 10.000.000,-. Der Darlehensvertrag wurde geschlossen auf der Grundlage des von der Beklagten am 04.09.2013 übersandten und als "Kreditvereinbarung" überschriebenen Schreibens. Das Darlehen sollte nach den Bedingungen dieses Schreibens eine Laufzeit "bis auf weiteres, längstens jedoch bis zum 31.08.2014" haben. Vorgesehen war weiter, dass das Darlehen neben Inanspruchnahmen in laufender Rechnung wahlweise auch als Festkredit mit Laufzeiten von einem bis drei Monaten und als Avalkredit bis zu 15 % der Kreditlinie ausgenutzt werden durfte. Bei einer Kreditinanspruchnahme in laufender Rechnung sollte mit einem Zinssatz auf Basis EONIA und bei einer Inanspruchnahme als Festkredit mit einem Zinssatz auf Basis EURIBOR abgerechnet werden, jeweils zzgl. einer Marge von 2,75 % p. a. Bei einer Inanspruchnahme als Avalkredit sollte die Avalprovision bis auf weiteres 2,5 % p. a. betragen.

Unter dem Punkt "5. Sonstiges" enthielt das Schreiben ferner u.a. folgende Bestimmung: "Mit Annahme dieses Kreditangebots wird eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von EUR 300.000,- fällig, die wir Ihrem noch bei uns einzurichtenden Finanzierungskonto belasten werden. Die Bearbeitungsgebühr wird bei vorzeitiger Rückzahlung des Kredites nicht teilweise zurück erstattet."

Am 01.10.2013 wurde die Bearbeitungsgebühr i.H.v. EUR 300.000,- vom Konto der Klägerin bei der Beklagten abgebucht. Mit Schreiben vom 26.08.2015 forderte die Klägerin die Beklagte fruchtlos zur Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr bis zum 11.09.2015 auf. Am 06.11.2015 hat die Klägerin Klage im Urkundenprozess gegen die Beklagte erhoben, die der Beklagten am 11.12.2015 zugestellt worden ist.

Die Klägerin behauptet, die Bestimmung zur Bearbeitungsgebühr sei nicht Gegenstand individueller Verhandlungen gewesen. Die Bearbeitungsgebühr und deren konkrete Höhe seien von der Beklagten einseitig vorgegeben und nicht zur Disposition gestellt worden.

Die Klägerin meint, sie habe einen Anspruch auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr. Die Bestimmung im Darlehensvertrag zur Bearbeitungsgebühr unterliege als Allgemeine Geschäftsbedingung der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB und sei unwirksam, da mit ihr der Aufwand für eigene Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt und abweichend vom Wesen des Darlehensvertrags ein laufzeitunabhängiges Entgelt für die Kapitalüberlassung begründet würde.

Vor dem LG hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 300.000,- sowie 4 % hieraus seit dem 01.10.2013 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.09.2015 aus EUR 300.000,- und seit Rechtshängigkeit für den gesamten Forderungsbetrag zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, vorsorglich den Vorbehalt des Nachverfahrens.

Sie meint, die Bestimmung zur Bearbeitungsgebühr sei als...

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