Leitsatz (amtlich)

1. Werden ggü. einem Unternehmer Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet, genügt für deren Einbeziehung in den Vertrag jede auch stillschweigende Willensübereinstimmung der Vertragsparteien. Ausreichend ist insoweit, dass der Verwender erkennbar auf seine AGB verweist und der unternehmerische Vertragspartner deren Geltung nicht widerspricht.

2. Eine ausdrückliche Einbeziehung der AGB ist auch dann wirksam, wenn eine Vertragspartei auf die Geltung ihrer im Internet unter einer bestimmten Adresse abrufbaren AGB hinweist und der andere (Unternehmer-)Vertragspartner sich weder an der angegebenen Internetadresse über den Inhalt der AGB informiert noch die Übersendung der AGB in Schriftform anfordert.

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 25.09.2003; Aktenzeichen 7 O 733/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Bremen – 7. Zivilkammer, Einzelrichter – vom 25.9.2003 wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, den Wibobjekt Arbeitstisch T 1410/5 an die Klägerin herauszugeben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin beansprucht von dem Beklagten, der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. Laborbau GmbH ist (im Folgenden: J.-GmbH oder Gemeinschuldnerin), die Herausgabe eines von ihr hergestellten und am 29.11.2002 an die J.-GmbH ausgelieferten (Lieferschein Bl. 8) Spurenwannentisches.

Diesen Tisch hatte die J.-GmbH mit Auftragsschreiben vom 19.11.2002 (Bl. 60) bei der Klägerin bestellt; in ihrer Bestellung hatte die J.-GmbH pauschal auf die Geltung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen, ohne diese ihrem Schreiben beizufügen. Bei den AGB der J.-GmbH handelt es sich um Verkaufsbedingungen, die keine spezielle Regelung über den Eigentumserwerb nach vorangegangenem Kauf von Waren durch die J.-GmbH enthält, sondern lediglich eine allgemeine Klausel, wonach „Einkaufs- und Empfangsbedingungen” des Bestellers, die mit den Allgemeinen Verkaufsbedingungen der J.-GmbH im Widerspruch stehen, für diese „unverbindlich” sind (64).

Die Klägerin nahm die schriftliche Bestellung der J.-GmbH vom 19.11.2002 mit Schreiben vom 22.11.2002 an (Bl. 10); in dem Schreiben vom 22.11.2002 heißt es weiter: „Vertragsbedingungen: Allgemeine Geschäftsbedingungen der Fa. W. (= Klägerin). Im Internet unter www…de”.

Die „Allgemeinen Verkaufs-, Liefer- und Montagebedingungen” der Klägerin sehen in Ziff. 11.1 einen Eigentumsvorbehalt der Klägerin an den Liefergegenständen bis zum Eingang der Zahlung aus dem Liefervertrag vor.

Die J.-GmbH nahm die Lieferung des Tisches durch die Klägerin entgegen, ohne zuvor die AGB der Klägerin im Internet abgerufen oder die Klägerin zur Zusendung ihrer AGB in schriftlicher Form aufgefordert zu haben.

Nach der Auslieferung der bestellten Ware an die J.-GmbH wurde diese insolvent und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Herausgabe des an die J.-GmbH gelieferten Tisches.

Sie macht geltend, die Geltung ihrer Allgemeinen Verkaufsbedingungen sei mit der J.-GmbH wirksam vereinbart worden, so dass sie (Klägerin) nach wie vor (Vorbehalts-)Eigentümerin des Tisches sei.

Der Beklagte meint, die Klägerin habe mit Auslieferung des Tisches an die J.-GmbH ihr Eigentum an der gelieferten Ware verloren. Die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sei nicht wirksam vereinbart worden. Der bloße Hinweis in dem Bestätigungsschreiben der Klägerin vom 22.11.2002 auf eine Internetadresse, unter der der Inhalt der AGB der Klägerin abgerufen werden könne, reiche für eine wirksame Einbeziehung der AGB der Klägerin auch im kaufmännischen Verkehr nicht aus. Der Abruf des Inhalts der AGB über das Internet verursache für den Vertragspartner Kosten und Mühe; hinzu komme vorliegend, dass die AGB der Klägerin nicht unter dem Stichwort „AGB”, sondern unter dem Suchbegriff „Formulare” zu finden seien, was völlig ungewöhnlich sei; auch seien die AGB der Klägerin nur unter Einsatz der speziellen Software „Acrobat Reader” abrufbar.

Die Klägerin tritt dieser Darstellung entgegen. Sie verweist darauf, die Kosten für eine Internetrecherche beliefen sich auf wenige Cent. Der Verweis auf das Internet führe zu einer Vereinfachung und Beschleunigung der Geschäftsvorgänge; dies liege im Interesse beider Vertragspartner. Auf Wunsch stelle sie – Klägerin – ihre AGB dem Vertragspartner auch in gedruckter Form zur Verfügung. Im Übrigen stelle die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts in dem Geschäftsfeld der Klägerin (Bau und Vertrieb hochwertiger Geräte) einen Handelsbrauch dar, weshalb der Eigentumsvorbehalt schon gem. § 346 HGB Vertragsinhalt geworden sei.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei nicht (mehr) Eigentümerin des gelieferten Tisches. Die von der Klägerin in Bezug genommenen AGB seien nicht Vertragsinhalt geworden, da die Gemeinschuldnerin von ihrem Inhalt nicht in zumutbarer Weise habe Kenntnis nehmen können. Die Klägerin bür...

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