Entscheidungsstichwort (Thema)

Neues Beweisangebot in der Berufungsinstanz, Beweislastverteilung und Zinsen bei Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der nach § 356 ZPO vorgenommene Ausschluss eines Beweisangebotes in erster Instanz hindert nicht das erneute Vorbringen des Beweisangebotes in der Berufungsinstanz. Ob es zuzulassen ist, ist von der Berufungsinstanz anhand der Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zu prüfen.

2. Hat der aus ungerechtfertigter Bereicherung in Anspruch genommene Schuldner einen Geldbetrag auf Grund einer ihm erteilten Bankvollmacht erlangt, so muss er - abweichend von der üblichen Beweislastverteilung hinsichtlich des fehlenden Rechtsgrundes bei § 812 Abs. 1 S. 1 BGB - das Vorliegen des rechtlichen Grundes und ebenso die auftragsgemäße Weiterleitung des Erlangten beweisen.

3. Gelingt ihm das nicht und bleiben diese Tatsachen unbewiesen, haftet er hinsichtlich des herauszugebenden Betrages nur gem. den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB auf Verzugszinsen. Wegen eines weitergehenden Zinsanspruchs aus den Vorschriften der §§ 819 Abs. 1, 668 BGB muss wiederum der Gläubiger die Voraussetzungen dieser Bestimmungen beweisen.

 

Normenkette

BGB § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1, §§ 668, 812 Abs. 1 S. 1; ZPO §§ 356, 531 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 08.06.2009; Aktenzeichen 4 O 1382/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Bremen vom 8.6.2009 dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, 8.876,03 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins hieraus seit dem 3.6.2008 an die Erbengemeinschaft nach der am 29.12.2004 verstorbenen E. H. geborene M., bestehend aus dem Kläger und der Beklagten zu je ½ Anteil, zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 60 % und der Kläger zu 40 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung gegen das zusprechende landgerichtliche Urteil ihren Klageabweisungsantrag weiter. Zur Begründung ihrer Berufung führt sie aus, das LG sei aufgrund falscher Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, dass sie den am 23.2.1995 bei der Deutschen Bank von dem Konto Nr ... der Erblasserin abgehobenen Geldbetrag von 17.360 DM nicht an ihren Neffen Th. H. weitergereicht habe. Die Beklagte vertritt zudem die Auffassung, das LG habe sie unzutreffend mit dem Zeugenangebot Th. H. ausgeschlossen und die von ihr erhobene Verjährungseinrede nicht durchgreifen lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 11.8.2009 (Bl. 84 ff. d.A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 25.8.2009 (Bl. 92 ff. d.A.) sowie den Schriftsatz vom 9.9.2009 verwiesen.

I. Die statthafte (§ 511 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 517, 519, 520 ZPO) ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.

1. Hinsichtlich der Hauptforderung i.H.v. 8.876,03 EUR (= 17.360 DM) hat das LG zutreffend einen Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte gem. den §§ 1922, 1942 BGB bejaht. Dieser auf Zahlung an die ungeteilte Erbengemeinschaft, bestehend aus den Parteien zu je ½, gerichtete Anspruch beruht auf einem ursprünglich der verstorbenen Mutter der Parteien gegen die Beklagte zustehenden Anspruch aus § 667 BGB bzw. aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Beklagten ist der Nachweis nicht gelungen, dass sie die am 23.2.1995 bei der Deutschen Bank AG von einem Konto der Erblasserin abgehobenen 17.360 DM an den Sohn des Klägers, Th. H., ausgehändigt hat (hierzu unter a)). Auch die von ihr erhobene Einrede der Verjährung (hierzu unter b)) und der Verwirkungseinwand (hierzu unter c)) greifen nicht durch.

a) Die Parteien sind unstreitig zu je ½ Miterben nach ihrer Mutter E. geworden, so dass sie deren gesamtes Vermögen und somit auch etwaige Ansprüche der Erblasserin gegen die Beklagte geerbt haben (§§ 1922, 1942 BGB). Hierzu zählt auch ein Herausgabeanspruch der Erblasserin gegen die Beklagte aus § 667 BGB.

Das LG hat zu Recht festgestellt, dass zwischen der Beklagten und der Erblasserin ein Auftragsverhältnis gem. § 662 BGB begründet worden war, soweit es um die Besorgung finanzieller Angelegenheiten für die Erblasserin ging. Um diese Aufträge ausführen zu können, besaß die Beklagte eine entsprechende Bankvollmacht. Ein direkter Zugriff des Klägers und seines Sohns auf die für sie von der Erblasserin bei der Deutschen Bank angelegten "Unterkonten" war unstreitig nicht möglich.

Am 23.2.1995 hat die Beklagte 17.360 DM von dem durch die Erblasserin in ihrem Depot bei der Deutschen Bank geführten Konto Nr. 9081498 in bar ausgezahlt erhalten. Der Beklagte...

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