Leitsatz (amtlich)

1. Die nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 23.2.1999 - Rechtssache C-63/97 - BMW/Deenik - Slg. I 905 = WRP 1999, 407 - erforderliche markenmäßige Verwendung eines Zeichens darf fehlen, wenn auf der Verpackung des Erzeugnisses der jeweilige Hersteller anderweitig durch deutliche namentliche Bezeichnung zu erkennen ist.

2. Die Verwendung einer beschreibenden Angabe beeinträchtigt nicht die an diese angelehnte Marke.

 

Normenkette

MarkenG § 14 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 11.05.2006; Aktenzeichen 12 O 465/05)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Bremen vom 11.5.2006 (Geschäfts-Nr. 12 O 465/2005) wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerinnen durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils nach diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerinnen jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

 

Gründe

I. Die Klägerinnen begehren die Feststellung, dass die Beklagte - die eine entsprechende Abmahnung erteilt hatte - keine Ansprüche gegen die Klägerinnen auf Unterlassung der Benutzung der Bezeichnung "Gelenkfit" (verwendet von der Kl. zu 1.) bzw. "Gelenk-Fit" (verwendet von der Kl. zu 2.) hat. Diese Bezeichnungen werden von den Klägerinnen für sog. Nahrungsergänzungsmittel (Glucosamin) verwandt. Die Beklagte ist Inhaberin der eingetragenen deutschen Wortmarke "gelenkVit" (u.a. für "Präparate für die Gesundheitspflege").

Das LG (2. Kammer für Handelssachen) hat der negativen Feststellungsklage stattgegeben und ausgeführt, es gebe keine Verwechslungsgefahr zwischen der Marke der Beklagten und den von den Klägerinnen benutzten Bezeichnungen (Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Zwar bestehe Warenidentität und auch eine hohe Markenähnlichkeit, weil der erste Wortteil übereinstimme und im zweiten Wortteil das Schriftbild nur wenig abweiche.

Der Schutzumfang der Marke der Beklagten sei durch die bestehende Nähe zu einer beschreibenden Angabe jedoch beschränkt. Das Wort "Gelenkfit" sei - auch in der Zusammensetzung zweier beschreibender Begriffe - eine beschreibende Angabe, auch wenn das zusammengesetzte Wort nicht im Lexikon stehe. Bei der Marke der Beklagten handele es sich lediglich um eine Abwandlung dieser beschreibenden Angabe, deren Schutzumfang deshalb eng zu bemessen sei. Markenähnlichkeit, Identität der Waren und eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Marke der Beklagten reichten im vorliegenden Fall nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen. Die Eigenprägung und Unterscheidungskraft der Marke der Beklagten beruhe gerade auf der abweichenden Schreibweise gegenüber "Gelenkfit". Der Buchstabe "V" im zweiten Teil führe zu einem abweichenden Sinngehalt. Diese Abweichung führe zu einem Kunstwort (nicht zusammengesetzten Wort) und deute eher auf die Abkürzung von "Vitalität" oder "Vitamin" hin. Von der Ersetzung dieses Buchstabens werde die Marke der Beklagten geprägt, insoweit aber stimmten die von den Klägerinnen benutzten Bezeichnungen nicht überein.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Gegen dieses der Beklagten am 16.5.2006 zugestellte Urteil hat sie am 12.6.2006 Berufung eingelegt und diese, nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist, am 17.8.2006 begründet.

Sie meint, die Klage sei - inzwischen - unzulässig, weil sie beim LG Mannheim Unterlassungsklage eingereicht hat. Eine mündliche Verhandlung hat in diesem Verfahren noch nicht stattgefunden.

Hinsichtlich der Verwechslungsgefahr weist sie auf die Warenidentität und die hohe Markenähnlichkeit (nahezu identisches Schriftbild, phonetische Klangidentität) hin. Sie meint, für die Beurteilung der Markenähnlichkeit komme es auf die übereinstimmenden Merkmale und nicht auf die Unterschiede an. In der Rechtsprechung sei etwa auch die Verwechslungsgefahr der Marken "Cellofit" und "Cellvit" anerkannt worden.

Bei den Bezeichnungen der Klägerinnen handele es sich auch nicht um beschreibende Angaben, die verwendeten Worte gebe es im deutschen Sprachgebrauch nicht.

Die Klägerinnen verwendeten ihre eingetragenen Marken ("roha" und "Zirkulin") auch für andere Gesundheitsprodukte, so dass der Verkehr zur Bezeichnung von deren Glucosamin-Produkten nicht auf diese zurückgreifen werde.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil und rügen, dass die Beklagte die Berufung nur im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch und den SE-Anspruch begründet habe.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 17.8.2006 nebst Anlagen (Bl. 169 ff. d.A.) und vom 26.10.2006 nebst Anlagen (Bl. 213 ff. d.A.) sowie der Bekl...

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