Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtschuldnerausgleich, Ausgleich zwischen Hauptschuldner und Bürge, Freihaltungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. An der Abtragung eines Kredits, den ein Ehegatte allein aufgenommen und für den der andere gebürgt hat, braucht der bürgende Ehegatte sich nach Scheitern der Ehe im Verhältnis der Ehegatten regelmäßig nicht zu beteiligen.

2. Bei gesamtschuldnerischer Haftung hat dagegen der Ehegatte, der nach Scheitern der Ehe den Kredit abzahlt, im Regelfall gegen den anderen einen Ausgleichs- und ggf. Freihaltungsanspruch.

 

Normenkette

BGB §§ 426, 670, 765

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Aktenzeichen 6 O 1960/00)

 

Tenor

Der Beklagten wird auf ihre Beschwerde in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Bremen, 6. Zivilkammer, vom 12.1.2001 Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. … insoweit bewilligt, als sie sich

  • gegen den Klagantrag zu 3. und
  • gegen den Klagantrag zu 1. in Höhe des 1.710,50 DM übersteigenden Betrages

zur Wehr setzt. Die Beklagte hat monatliche Raten von 90,– DM ab 1.4.2001 zu zahlen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Eine Gebühr nach § 11 I GKG, Anlage 1 Nr. 1952, ist nicht zu erheben.

 

Gründe

Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner von ihm seit Oktober 1999 getrennt lebenden Ehefrau, hälftigen Ausgleich der Zahlungen, die er seit Januar 2000 auf zwei Kredite bei der Volksbank … und bei der Service Bank … geleistet hat sowie Freihaltung hinsichtlich der jeweils noch offenen Darlehensbeträge. Das Landgericht hat den Prozeßkostenhilfeantrag der Beklagten wegen mangelnder Erfolgsaussicht ihrer Rechtsverteidigung abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist zulässig (§ 127 II S. 2 ZPO) und hat überwiegend – nämlich soweit es den Kredit bei der Volksbank betrifft – auch in der Sache Erfolg.

1.

Gegen die vom Kläger gewünschte Beteiligung an dem Darlehen bei der Volksbank setzt die Beklagte sich mit Aussicht auf Erfolg i. S. des § 114 ZPO zur Wehr. Entgegen der Behauptung des Klägers in erster Instanz und der Annahme des Landgerichts handelt es sich bei diesem Darlehen nicht um ein gemeinsames Darlehen der Parteien. Aus dem vorgelegten Kreditvertrag ergibt sich vielmehr, daß der Kläger alleiniger Darlehensnehmer, die Beklagte lediglich Bürgin ist. Ansprüche aus § 426 BGB (Gesamtschuldnerausgleich), auf die der Kläger sieh stützt, scheiden damit aus.

Ausgleichs- und Freihalteansprüche des Klägers aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt sind ebenfalls nicht ersichtlich. Im Innenverhältnis zwischen Hauptschuldner und Bürgen kommen solche Ansprüche regelmäßig lediglich als solche des Bürgen gegen den Hauptschuldner in Betracht und nicht umgekehrt. Der Übernahme einer Bürgschaft für einen vom Ehepartner aufgenommenen Kredit liegt regelmäßig ein Auftrag (§ 662 BGB) zugrunde (vgl. BGH, FamRZ 1989, 835; Derleder/Bartels, FuR 1995, 224, 227; kritisch gegenüber der rechtlichen Konstruktion Koch, FamRZ 1994, 537). Erbringt der bürgende Ehegatte nach der Trennung Zahlungen an den Gläubiger, kann er vom anderen Ehegatten gem. § 670 BGB Aufwendungsersatz verlangen. Daneben hat er den Ausgleichsanspruch aus § 774 BGB. Soweit der Gläubiger noch nicht befriedigt ist, kommt ein Anspruch des Bürgen gegen den Hauptschuldner auf Befreiung von der Bürgenhaftung in Betracht. Umgekehrt stehen solche Ansprüche dem Hauptschuldner gegenüber dem bürgenden Ehegatten nur dann zu, wenn der durch die Bürgschaft gesicherte Kredit ausnahmsweise nicht im Interesse des Hauptschuldners, sondern im Interesse des bürgenden Ehegatten aufgenommen worden ist, so daß der Hauptschuldner als Beauftragter des Bürgen anzusehen ist (vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 2. Aufl., Rn. 719).

Von einem solchen Ausnahmefall bzw. einem Fall, in dem jedenfalls der vorliegend verlangte hälftige Ausgleich im Innenverhältnis der Ehegatten auf der Grundlage der Annahme einer Beauftragung des Klägers durch die Beklagte gerechtfertigt erscheinen könnte, ist hier nicht auszugehen. Anhaltspunkte für die Annahme, die Beklagte habe den Kläger ausdrücklich oder stillschweigend mit der Aufnahme des Kredits gegenüber der Volksbank i. S. des § 662 BGB beauftragt, liefert weder der Vortrag des insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägers, noch ergeben sie sich sonst aus den Umständen. Die Umstände sprechen im Gegenteil eher für die Annahme, daß dieser Kredit von den Parteien als Sache des Klägers angesehen worden ist. So hat der Kläger den davon u. a. angeschafften PKW bei der Trennung behalten, ihn später verkauft und die Beklagte an dem Verkaufserlös nicht beteiligt. Den – nach Darstellung des Klägers – von der Beklagten allein aufgenommenen Kredit für die Anschaffung der von ihr bei der Trennung mitgenommenen Küche hat die Beklagte bisher allein abgezahlt, ohne den Kläger auf Ausgleich in Anspruch zu nehmen, ein Verhalten, wie es umgekehrt der Kläger nach der Trennung zunächst auch in Bezug auf den Kredit bei der Volksbank praktiziert hat. Allein aus der Tatsa...

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