Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung der Nutzungsvorteile auf Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird zum Zwecke des Ausbaus eines Dachgeschosses dem Grundstückseigentümer Geld zugewandt und bezieht der Zuwendende das ausgebaute Geschoss für die Dauer von fast einem Jahr, so muss er sich auf einen nach dem Auszug geltend gemachten Rückforderungsanspruch die ihm entstandenen Nutzungsvorteile anrechnen lassen.

 

Normenkette

BGB §§ 535, 547, 812 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Beschluss vom 17.11.2004)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG Bremen - 6. Zivilkammer - v. 17.11.2004 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Antragstellerin begehrt von dem Antragsgegner die Rückzahlung von 6.000 Euro.

Die Antragstellerin war mit der Tochter des Antragsgegners befreundet. Sie zog im Dezember 2001 in das Haus des Antragsgegners in der B. Straße in Bremerhaven ein und wohnte mit der Tochter des Antragsgegners im ersten Stock des Hauses. Im Januar 2002 zahlte sie an den Antragsgegner einen Betrag i.H.v. 6.000 Euro. Mit diesem Betrag sollte der Antragsgegner das Dachgeschoss ausbauen und nach Fertigstellung der Antragstellerin zur Nutzung überlassen. Nach der Fertigstellung wohnte die Antragstellerin 10 Monate in der ausgebauten Dachgeschosswohnung und zahlte monatlich die anteilig auf die Dachgeschosswohnung anfallenden Betriebskosten an den Antragsgegner. Sie zog sodann aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, aus dem Haus des Antragsgegners aus. Die Antragstellerin verlangt mit der beabsichtigten Klage, für die sie Prozesskostenhilfe begehrt, von dem Antragsgegner die Rückzahlung von 6.000 Euro.

Das LG Bremen hat der Antragstellerin mit am 23.11.2004 zugestellten Beschluss v. 17.11.2004 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweigert. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des LG Bremen v. 17.11.2004 Bezug genommen (Bl. 29 ff. d.A.). Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 23.12.2004 eingegangenen sofortigen Beschwerde v. 22.12.2004, der das LG Bremen mit Beschluss v. 30.12.2004 nicht abgeholfen hat.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§§ 569, 127 Abs. 2 ZPO), jedoch unbegründet.

Die beabsichtigte Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), weil der geltend gemachte Anspruch der Antragstellerin der Höhe nach nicht substantiiert dargetan ist. Es kann dahinstehen, ob dem Rückforderungsanspruch der Antragstellerin ein stillschweigend geschlossener Mietvertrag oder ein stillschweigend geschlossener Leihvertrag zwischen den Parteien hinsichtlich des teilweise mit Mitteln der Antragstellerin ausgebauten Dachgeschosses vorliegt. Denn in dem einen wie in dem anderen Falle muss sich die Antragstellerin auf den geltend gemachten Rückforderungsbetrag den Vorteil anrechnen lassen, den sie durch die unstreitige zehnmonatige Nutzung des ausgebauten Dachgeschosses erlangt hat. Trotz Hinweises des LG hat die Antragstellerin diesen Vorteil nicht in ihrer Berechnung zur Schadenshöhe berücksichtigt.

Die zwischen den Parteien stillschweigend getroffene Vereinbarung hinsichtlich der Nutzung des ausgebauten Dachgeschosses könnte einen Mietvertrag zum Inhalt haben, wofür die unstreitige monatliche Zahlung der anteiligen Betriebskosten durch die Antragstellerin an den Antragsgegner spricht. Dass die Parteien die Höhe des monatlichen Entgelts offen gelassen haben, stünde der Vereinbarung einer Entgeltlichkeit nicht entgegen. Die Lücke wäre bei Annahme eines Rechtsbindungswillen hinsichtlich einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung ggf. durch eine ergänzende Vertragsauslegung oder über die analoge Anwendung der §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB zu schließen; dies würde zum angemessenen oder ortsüblichen Mietzins führen (BGH NZM 2003, 314 [315]). Der Rückforderungsanspruch würde sich in diesem Fall gem. § 547 BGB ergeben, wobei die Antragstellerin sich die ortsübliche Miete für den abgewohnten Zeitraum anrechnen lassen müsste. Diesen Vorteil hat die Antragstellerin bislang nicht dargetan, so dass ihre beabsichtigte Klage insgesamt unschlüssig ist. Selbst wenn die Antragstellerin den Anspruch der Höhe nach schlüssig darlegen würde, wäre für diesen Anspruch nicht das LG Bremen, sondern das AG Bremerhaven aufgrund der Regelungen des § 23 Ziff. 2a GVG sachlich zuständig, unabhängig davon, dass die Schadenshöhe die Streitwertgrenze des § 23 Ziff. 1 GVG nicht erreichen dürfte.

Sollte der Abschluss eines Mietvertrages verneint werden, so läge dem Bewohnen der dem Antragsgegner gehörenden Dachgeschosswohnung ein stillschweigend geschlossener Leihvertrag zugrunde (Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 3. Aufl., Rz. 422). Wird der Leihvertrag vorzeitig beendet, kommt dem Zuwendenden ein Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB wegen Wegfalls des rechtlichen Grundes für die finanziellen Investitionen in Betracht. Denn das Le...

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