Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtschuldnerausgleich zwischen Ehegatten für die Miete für die Ehewohnung nach erfolgter Trennung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Ehegatte und Mieter, der nach Trennung der Eheleute die volle Miete für die Ehewohnung an den Vermieter gezahlt hat, von seinem Ehegatten und Mitmieter Erstattung des hälftigen Betrages verlangen. Für eine hiervon abweichende Beteiligungsverpflichtung an der Mietzahlung und somit eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich darauf beruft.

2. Eine derartige anderweitige Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass der wegen der Hälfte der Miete in Anspruch genommene Ehegatte während des verfahrensgegenständlichen Mietzeitraums an den anderen Ehegatten sowohl Trennungs- als auch Kindesunterhalt gezahlt hat, wenn bei der Unterhaltsberechnung weder die Mietzahlungen durch den Unterhaltsempfänger noch sein Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB berücksichtigt worden sind.

 

Normenkette

BGB § 426 Abs. 1, §§ 280, 286, 288, 249, 1360a Abs. 4; ZPO § 253 Abs. 2, §§ 114, 127

 

Verfahrensgang

AG Bremerhaven (Beschluss vom 08.10.2015; Aktenzeichen 154 F 759/15)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bremerhaven vom 8.10.2015 dahingehend abgeändert, dass der Antragstellerin für einen beabsichtigten Zahlungsantrag i.H.v. 570 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.5.2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 147,56 EUR ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt [...], Bremerhaven, bewilligt wird. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die miteinander verheirateten Beteiligten leben seit Januar 2015 voneinander getrennt. Der Antragsgegner ist im Januar 2015 aus der bisherigen gemeinsamen Ehewohnung ausgezogen, während die Antragstellerin und die beiden gemeinsamen Kinder bis Ende April 2015 in der bisherigen Familienwohnung wohnen geblieben sind. Die Eheleute haben den Mietvertrag hinsichtlich der bisherigen gemeinsamen Ehewohnung, abgeschlossen im November 2009, fristgerecht zum 30.4.2015 gekündigt. Zum 1.5.2015 hat die Antragstellerin mit den gemeinsamen Kindern eine neue, kleinere Wohnung bezogen, für die sie eine Nettomiete von 335 EUR monatlich zahlt. Die Antragstellerin hat die für die bisherige gemeinsame Ehewohnung anfallende Nettomiete von monatlich 715 EUR sowie die Nebenkosten für die Monate Februar, März und April 2015 allein bezahlt. Der Antragsgegner hat u.a. im Zeitraum von Februar bis April 2015 an die Antragstellerin Trennungsunterhalt von 952 EUR monatlich und Kindesunterhalt von insgesamt 748 EUR monatlich gezahlt. Bei der Berechnung des Unterhalts sind die gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten aus dem Mietvertrag nicht berücksichtigt worden. Mit Schreiben vom 12.3.2015 ist der Antragsgegner vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zur hälftigen Beteiligung an den Wohnkosten und somit zur Zahlung von 845 EUR - die damals fälligen hälftigen Bruttomieten für Februar und März 2015 - bis zum 23.3.2015 aufgefordert worden. Mit Schreiben vom 20.4.2015 ist er erfolglos zur Zahlung der hälftigen Kaltmiete für die Monate Februar, März und April 2015 in Höhe von insgesamt 1.072,50 EUR bis zum 4.5.2015 aufgefordert worden.

Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Gesamtschuldnerausgleich i.H.v. 1.072,50 EUR nebst vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 201,71 EUR jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.5.2015. Zur Begründung des Zahlungsantrags i.H.v. 1.072,50 EUR hat die Antragstellerin vorgetragen, der Antragsgegner sei verpflichtet, für die Monate Februar, März, April 2015 die hälftige Miete für die ehemalige gemeinsame Familienwohnung zu zahlen. Die ihr entstandenen Rechtsanwaltskosten macht die Antragstellerin als Verzugsschaden geltend, wobei sie eine Antragsumstellung angekündigt hat, da sie bisher nur einen Vorschuss von 150 EUR an ihren Verfahrensbevollmächtigten gezahlt hat.

Das AG - Familiengericht - Bremerhaven hat mit Beschluss vom 8.10.2015 die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die Antragstellerin zurückgewiesen. In seiner Begründung hat es darauf abgestellt, dass die Antragstellerin ihre Bedürftigkeit nicht ausreichend nachgewiesen habe, da sie weder eine aktuelle Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt noch hinreichend substantiiert dargelegt habe, dass ihr gegenüber dem Antragsgegner kein Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses zustehe. Außerdem habe die Antragstellerin bislang auch nicht hinreichend substantiiert dargelegt, ob im Rahmen der Berechnung des Unterhalts berücksichtigt worden sei, dass der Antr...

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