Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Ausgleich eines Anrechts mit geringem Ausgleichswert

 

Leitsatz (amtlich)

Der Halbteilungsgrundsatz gebietet auch den Ausgleich eines sich im Bereich der wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit (hier: einer Monatsrente von 1,06 EUR entsprechender Ausgleichswert) bewegenden einzelnen Anrechts eines Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn der damit für die beteiligten Versorgungsträger verbundene Verwaltungsaufwand neben dem aufgrund des vorzunehmenden Ausgleichs eines bei demselben Versorgungsträger bestehenden weiteren Anrechts des Ehegatten von nicht geringem Ausgleichswert ohnehin anfallenden Verwaltungsaufwand praktisch nicht ins Gewicht fällt.

 

Normenkette

VersAusglG § 18 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Bremen-Blumenthal (Aktenzeichen 76 F 98/18)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 4. wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremen-Blumenthal vom 17.7.2018 dahingehen abgeändert, dass er in Ziffer II. des Tenors am Ende um folgenden Ausspruch ergänzt wird:

Ferner wird im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.-Nr. [...]) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 0,0357 Entgeltpunkten (Ost) auf das vorhandene Konto [...] bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz, bezogen auf den 31.1.2018, übertragen.

Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.470 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 17.7.2018 hat das Familiengericht die zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner am 1.8.2003 geschlossene Ehe geschieden und zugleich eine Entscheidung über den für die Ehezeit (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) vom 1.8.2003 bis zum 31.1.2018 durchzuführenden Versorgungsausgleich getroffen.

Dabei hat es unter anderem unter Ziffer II. des Beschlusstenors zugunsten des Antragsgegners die interne Teilung eines bei der weiteren Beteiligten zu 4. erworbenen Anrechts der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Ausgleichswert von 4,2371 Entgeltpunkten, bezogen auf das Ehezeitende, ausgesprochen.

Mit ihrer am 29.8.2018 beim Familiengericht eingelegten Beschwerde gegen diese Entscheidung, die ihr am 16.8.2018 zugestellt worden ist, rügt die weitere Beteiligte zu 4., dass das Familiengericht keine Entscheidung über den Ausgleich des weiteren von der Antragstellerin bei ihr erworbenen Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung getroffen hat, dem ausweislich der dem Familiengericht unter dem 30.5.2018 erteilten Versorgungsauskunft ein Ehezeitanteil von 0,0713 Entgeltpunkten (Ost), mithin ein Ausgleichswert von 0,0357 Entgeltpunkten (Ost) zugrunde liegt.

II. Die gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet und führt zu der aus dem Tenor der Beschwerdeentscheidung ersichtlichen Korrektur im Wege der Ergänzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Zu Recht beanstandet die Beschwerdeführerin, dass das Familiengericht - vermutlich weil es dieses schlicht übersehen hat - fehlerhaft keine Entscheidung über den Ausgleich des von der Antragstellerin in der Ehezeit erworbenen Anrechts, dem Entgeltpunkte (Ost) zugrunde liegen, getroffen hat. Dies war vom Senat wie geschehen nachzuholen durch den Ausspruch der internen Teilung auch dieses Anrechts zugunsten des Antragsgegners mit einem Ausgleichswert von 0,0357 Entgeltpunkten (Ost), bezogen auf das Ehezeitende. Zwar beträgt der korrespondierende Kapitalwert dieses Anrechts lediglich 223,58 EUR, ist damit gering i.S.d. § 18 Abs. 3 VersAusglG und sollen einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nach § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht ausgeglichen werden. Jedoch kann der Halbteilungsgrundsatz den Ausgleich eines einzelnen Anrechts mit geringem Ausgleichswert gebieten, wenn mit dem Ausgleich kein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand für die Versorgungsträger verbunden ist (BGH, FamRZ 2012, 192). Andererseits ist nach der Rechtsprechung des BGH bei wirtschaftlicher Bedeutungslosigkeit der Differenz ihrer Ausgleichswerte (§ 18 Abs. 1 VersAusglG) - diese hat der BGH jedenfalls bei einem Wertunterschied angenommen, der nach derzeitigem Rentenwert einen zusätzlichen monatlichen Rentenbetrag von weniger als einem Euro ausmacht - von der Teilung gleichartiger Anrechte abzusehen, weil die Durchführung eines derart bedeutungslosen Wertausgleichs außer Verhältnis zu dem bei den Versorgungsträgern zulasten der Versichertengemeinschaft im Zusammenhang mit der Durchführung entstehenden Verwaltungsaufwands stünde (BGH, FamRZ 2016, 281; 2017, 97). Das hier in Rede stehende Anrecht der Antragstellerin, dessen Ausgleichswert von 0,0357 Entgeltpunkten (Ost) einer Monatsrente von lediglich 1,06 EUR entspricht, bewegt sich offenkundig im Bereich der wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit (vgl. zu diesem Begriff im vorliegenden ...

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