Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, wenn einem Tätigwerden deutscher Gerichte die Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens analog § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entgegensteht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die internationale Zuständigkeit des AG Bremen besteht nicht, wenn einem Tätigwerden deutscher Gerichte die Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO analog entgegensteht. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine Identität der Verfahrensgegenstände nach nationalem Verständnis besteht und die ausländische Entscheidung hier anzuerkennen sein wird.

2. Das Verfahrenshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit ist - ebenso wie die internationale Zuständigkeit - als Verfahrensvoraussetzung vom Beschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen.

 

Normenkette

BGB §§ 1628, 1687; ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 1; FamFG § 2 Abs. 1, §§ 97, 99, 106, 108-109; StAG §§ 3-4

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Beschluss vom 20.01.2015; Aktenzeichen 69 F 3832/14)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 20.1.2015 wird zurückgewiesen.

2. Der Kindesvater trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Übertragung der Entscheidungsbefugnis für die Beantragung deutscher Reisepässe und Geburtsurkunden für seine Kinder X und Y auf ihn.

Der Antragsteller, ein deutscher Staatsangehöriger, war bis zum 30.4.2011 mit der Antragsgegnerin, einer amerikanischen Staatsangehörigen, verheiratet. Aus ihrer Ehe sind die Kinder X, geboren am [...] 2005, und Y, geboren am [...] 2006, hervorgegangen. Beide Kinder leben bei ihrer Mutter in den USA. Die Kinder haben laut Antragsteller sowohl die deutsche als auch die amerikanische Staatsangehörigkeit, sie besitzen aber keine deutschen Geburtsurkunden und gültigen deutschen Reisepässe. Der Antragsteller hat weiter vorgetragen, am 11.3.2011 sei durch das 8. Bezirksgericht des US-Bundesstaates Montana eine Regelung zum Sorge- und Umgangsrecht im Hinblick auf die gemeinsamen minderjährigen Kinder getroffen worden. Nach dieser - nicht zur Akte gereichten - Regelung werde das Sorgerecht von den Parteien gemeinsam ausgeübt.

Am 12.12.2011 ist es vor dem 8. Bezirksgericht des Bundesstaates Montana zwischen den Kindeseltern zu einem gerichtlich genehmigten Vergleichsschluss hinsichtlich sorgerechtlicher Streitpunkte zwischen den Kindeseltern gekommen. In der vom Antragsteller vorgelegten Übersetzung dieser "Eidesstattlichen Versicherung und gerichtlichen Verfügung" wird das Wort "District Court" mit AG übersetzt. In Ziff. 1 der Verfügung wird festgestellt, dass X und Y die leiblichen Kinder der Verfahrensparteien sind. Nach Ziff. 2 der Verfügung werden die Kindeseltern "gemeinsam" die erforderlichen Reisepässe für ihre Kinder besorgen, diese verlängern oder Maßnahmen in Bezug auf die Staatsangehörigkeit oder den Aufenthaltsstatus ihrer Kinder in "jedwedem Land" ergreifen. Nach Ziff. 3 haben sich die Kindeseltern außerdem dazu verpflichtet, sich an einen von dem US-Gericht endgültig für die Eltern aufgestellten Plan, den Final Parenting Plan, zu halten, dessen Inhalt nicht vorgetragen wird. Nach Ziff. 4 der Verfügung hat sich der Antragsteller vor Antritt jeglicher Internationaler Reisen dazu verpflichtet, "diese Verfügung" in Frankfurt oder Bremen, Deutschland, "registrieren zu lassen" und dem 8. AG in Montana eine in Deutschland dieser Verfügung entsprechende schriftliche Bestätigung in Form einer beglaubigten Kopie zur Verfügung zu stellen. Unter Ziff. 5 wird festgelegt, dass der Vater nicht berechtigt sei, die "deutsche Verfügung" zu widerrufen oder Maßnahmen zu ergreifen, diese abzuändern, ohne dass zuvor das 8. AG in Montana eine entsprechende Verfügung erlassen hätte. In Ziff. 6 der Vereinbarung heißt es laut der vorgelegten deutschen Übersetzung, die "einzig gültigen gerichtlichen Verfügungen" bezüglich des Sorgerechts für beide Kinder seien im AG Montana, Landkreis [...], festgelegt worden. Der Vater oder eine dritte Partei dürfe das Eingreifen irgendeines anderen Gerichtes nicht ersuchen, weder durch die Erklärung eines Notfalls noch durch einen anderen dringlichen Umstand, um das Sorgerecht für die Kinder zu erhalten bzw. das Sorgerecht in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Gerichts, weder in den Vereinigten Staaten noch in einem anderen Land, zu übertragen. Die Ziffern 7 bis 10 enthalten Regelungen hinsichtlich der von den Eltern während Reisen mit den Kindern zu ergreifender Maßnahmen, um jederzeit die Erreichbarkeit der Kinder durch den nicht mitreisenden Elternteil zu gewährleisten. Unter Ziffer 11 der Verfügung wird festgelegt, dass der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder sich in [...], Montana, USA, befinde. Laut vorgelegter Übersetzung ins Deutsche heißt es weiter, zum Zwecke des Uniform-Sorgerechts-Gerichtsstands- und Vollstreckungsgesetzes habe Montana eine "ausschließliche, dauerhaft...

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