Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen, die dem sorgeberechtigten Elternteil entstanden sind, weil er nach einem Herausgabebeschluss das vom anderen Elternteil entführte Kind eigenständig aus dem Ausland zurückgeholt hat, sind nicht als notwendige Kosten der Vollstreckung aus dem Herausgabebeschluss prozessual erstattungsfähig.

 

Normenkette

ZPO §§ 103-104; FGG § 33

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Aktenzeichen 69 F 2421/99)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG – FamG – Bremen vom 31.10.2001 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Kindesvater erstrebt die Festsetzung von Kosten, die ihm im Zusammenhang mit der Rückführung des damals achtjährigen Sohnes F. aus Sardinien nach Deutschland im Jahre 1999 entstanden sind. Nachdem dem Vater das Sorgerecht für F. übertragen worden war, hatte die Mutter das Kind anlässlich eines Umgangskontaktes ohne Einverständnis des Vaters mit nach Sardinien genommen. Im vorliegenden Verfahren hat der Kindesvater daraufhin einen Beschluss des FamG vom 4.10.1999 erwirkt, in dem u.a. die Herausgabe des Kindes von der Mutter an den Vater angeordnet wurde und in dem der Mutter die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden. Wenige Tage später reiste der Vater nach Sardinien. Dort gelang es ihm, in Abstimmung mit der örtlichen Polizeibehörde und der Schule, die F. besuchte, das Kind an sich zu nehmen, um es nach Deutschland zurückzubringen.

Den Antrag des Kindesvaters, gem. §§ 103 f. ZPO die Kosten der Rückführung (10.738,10 DM) und seine Anwaltskosten aus dem ebenfalls eingeleiteten Verfahren nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (788,80 DM) sowie aus einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren (266,80 DM) gegen die Kindesmutter festzusetzen, hat die Rechtspflegerin beim FamG mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 13a III FGG, § 104 III S. 1 ZPO), hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Zwar kann der Ansicht des FamG nicht gefolgt werden, das seine Entscheidung darauf gestützt hat, die Notwendigkeit der vom Kindesvater geltend gemachten Kosten könne im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüft werden; nur feststehende bzw. unstreitige Kosten könnten im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden. Es gehört vielmehr gerade zu den Aufgaben des Rechtspflegers im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen, ob die verlangten Kosten entstanden sind und ob sie zweckentsprechend und notwendig waren, und zwar gerade auch dann, wenn das Entstehen oder die Notwendigkeit der Kosten bestritten ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl., §§ 103, 104 Rz. 5, 8, 21 „Verfahren”; Zöller/Stöber, § 788 Rz. 15; Keidel/Kuntze/Zimmermann, FGG, 14. Aufl., § 13a Rz. 57).

Doch ist die Prüfung der Frage nach der Notwendigkeit und der Höhe der dem Kindesvater entstandenen Kosten hier entbehrlich. Denn die geltend gemachten Kosten sind unabhängig davon, ob sie notwendig waren oder nicht, auf der Grundlage der Kostenentscheidung des FamG vom 4.10.1999 nicht erstattungs- bzw. festsetzungsfähig.

Die hier in Rede stehenden Kosten sind nach Erlass der Herausgabeanordnung entstanden und könnten daher allenfalls als Kosten der Zwangsvollstreckung festsetzungsfähig sein. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Kostenentscheidung vom 4.10.1999 auch Kosten der Vollstreckung der Herausgabeanordnung erfasst. Die Regelung des § 788 ZPO sieht für ihren Anwendungsbereich die Zulässigkeit der Vollstreckung auch der Zwangsvollstreckungskosten auf der Grundlage des Hauptsachetitels vor. Die Regelung findet aber in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, um das es sich hier handelt, keine Anwendung. § 13a III FGG verweist nicht auf § 788 ZPO, sondern nur auf andere Vorschriften der ZPO. Das FGG sieht vielmehr für die Vollstreckung bzw. den Vollzug der gerichtlichen Grundanordnung ein eigenes, in § 33 FGG geregeltes Verfahren vor (vgl. Rahm/Künkel/Schneider, Handbuch des familiengerichtlichen Verfahrens, III B Rz. 1281 ff.), in dem auch eine Kostenentscheidung zu ergehen hat (vgl. BayObLG v. 25.1.1991 – BReg. 1aZ 62/90, BayObLGZ 1991, 45 [49]; Keidel/Kuntze/Zimmermann, § 33 Rz. 30, 49; Rahm/Künkel/Schneider, III B Rz. 1344, und Rahm/Künkel/Lappe, IX Rz. 401), die Grundlage für die zwangsweise Durchsetzung von Vollstreckungskosten ist. Von einer Kostenentscheidung in einem Verfahren, dessen Gegenstand allein eine Kindesherausgabe war, sind daher die Vollstreckungskosten grundsätzlich noch nicht erfasst. Ob dies im vorliegenden Falle deshalb anders ist, weil der Beschl. v. 4.10.1999 über die Herausgabeanordnung hinaus weitere, der Vorbereitung der Vollstreckung in Italien dienende Anordnungen enthält, kann dahinstehen. Denn selbst wenn die Kostenentscheidung auch Kosten der Vollstreckung umfassen würde, wären davon die Kosten, die der Antragsteller geltend macht, nicht umfasst.

Die Kosten der eigenständigen Rückführung bzw. Rückholung des Kindes können nämlich nicht als Kosten d...

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