Leitsatz (amtlich)

1. Zur Begründung einer Vollstreckungsgegenklage kann der Auftraggeber (AG) nur solche Gegenrechte aus Mängeln geltend machen, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Vorprozesses über den Werklohn objektiv verborgen waren; es kommt nicht darauf an, wann der AG erstmalig von den Mängeln Kenntnis erlangt hat.

2. Ist der AG nicht der Bauherr, sondern Generalunternehmer (GU), so führt der Umstand, dass in solchen Fällen der GU i.d.R. keine Veranlassung sieht, das Werk vorsorglich auf Mängel zu untersuchen, sondern abwartet, ob der Bauherr seinerseits Ansprüche wegen Mängeln geltend macht, nicht dazu, im Rahmen einer Abwehrklage gegen die Vollstreckung des Werklohnes des Subunternehmers die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO einzuschränken.

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Urteil vom 29.04.2002; Aktenzeichen 21 O 773/99)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 07.07.2005; Aktenzeichen VII ZR 351/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Braunschweig vom 29.4.2002 – Az. 21 O 773/99 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: Wertstufe bis 110.000 Euro.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten im Wege der verlängerten Vollstreckungsgegenklage in Anspruch.

Wegen des Sach und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand und die Anträge des landgerichtlichen Urteils (Bl. 448 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das LG hat die Klage als zulässig, aber unbegründet abgewiesen.

Nachdem im Laufe des Verfahrens die Beklagten alle Titel gegen die Klägerin vollstreckt haben, sei sie berechtigt gewesen, ihren Klagantrag auf Rückzahlung dieser Beträge umzustellen. Die Klägerin habe aber keinen Anspruch auf Herausgabe der angeblich unzulässig vollstreckten Beträge, weil die Leistungen an die Beklagten mit Rechtsgrund erfolgt seien. Die von der Klägerin erhobene Vollstreckungsgegenklage sei nämlich ursprünglich unbegründet gewesen. Dies gelte im Verhältnis auch zu dem Beklagten zu 1). Die Klägerin sei aber mit ihren Aufrechnungsansprüchen nach § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Denn die Klägerin habe nicht ausreichend dargetan, dass die Einwendungen gegen das Urteil des LG Braunschweig vom 24.7.1997 (LG Braunschweig, Urt. v. 24.7.1997 – 21 O 7/95) erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung am 19.6.1997 hätten geltend gemacht werden können. Die Klägerin sei mit Einwendungen ausgeschlossen, die sie schon zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Vorprozess hätte einführen können. Dabei komme es nur darauf an, ob diese Mängel schon objektiv vorhanden und erkennbar gewesen seien, nicht aber auf die subjektive Kenntnis der Klägerin von diesen Mängeln und die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen. Trotz Hinweises des Gerichts habe die Klägerin nicht dargelegt, dass die vorliegenden Mängel erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess aufgetreten seien.

Die Klage auf Feststellung der Erledigung gegen den Beklagten zu 2) hat das LG ebenfalls abgewiesen, weil die Klage von Anfang an unbegründet gewesen sei.

Gegen dieses der Klägerin am 14.5.2002 zugestellte Urteil hat sie mit Schriftsatz vom 14.6.2002, eingegangen bei Gericht am gleichen Tage, Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 29.8.2002 mit Schriftsatz vom 28.8., eingegangen bei Gericht am folgenden Tage, begründet.

Die Klägerin verfolgt ihre erstinstanzlichen Ansprüche in vollem Umfang weiter.

Entgegen der Auffassung des LG sei sie mit Gewährleistungsansprüchen nicht präkludiert. Zwischen den Parteien finde § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B Anwendung, wonach sie erst dann mit einem Gegenanspruch auf Schadensersatz aufrechnen könne, wenn der Verzugseintritt wegen unterlassener Mängelbeseitigung vorläge, § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B. Die Frist habe sie aber erst nach Kenntnis von den Mängeln im September 1998 mit Schreiben vom 3.2.1999 gesetzt. Ihre Ansprüche seien mithin davon abhängig, ob der Beklagte zu 2) die Mängelbeseitigung nach Aufforderung unterlasse, so dass sich der Nachbesserungsanspruch erst dann in einen Selbsthilfeanspruch umwandele.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin ferner hervorgehoben, dass es nicht darauf ankommen könne, wann die Mängel am Bauwerk entstanden seien, sondern allein, ab wann sie Kenntnis von den Mängeln erhalten habe. Ihr könne es als Generalunternehmerin nicht zugemutet werden, das Gebäude ohne Anlass auf das Vorliegen von Mängeln zu untersuchen. Es fehle auch meistens an der Erlaubnis der jeweiligen Eigentümer, das Gebäude und die dort befindlichen Wohnungen vorsorglich auf Mängel zu untersuchen.

Die Klägerin beantragt unter Abänderung des Urteils des LG Braunschweig vom 29.4...

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