Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Geringfügigkeitsprüfung bei Anrechten auf Grundrentenzuschlag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG ist der mit der Teilung von Anrechten auf Grundrentenzuschlag verbundene Verwaltungsaufwand in Folge der dadurch veranlassten jährlichen Prüfung der Einkommensanrechnung nach § 97a Abs. 6 SGB VI regelmäßig als nicht unerheblich zu gewichten.

2. Kommt hinzu, dass die wirtschaftliche Bedeutung des Ausgleichs für den Ausgleichsberechtigten im konkreten Fall als gering einzuschätzen ist und der Halbteilungsgrundsatz aufgrund eines vereinbarten Teilverzichts auf den Versorgungsausgleich ohnehin nicht vollständig umgesetzt wird, kann der Aspekt der Verwaltungseffizienz den Ausschlag gegen einen Ausgleich geben.

 

Normenkette

SGB VI §§ 76g, 97a; VersAusglG § 2 Abs. 2, § 18 Abs. 2, § 19 Abs. 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

AG Braunschweig (Aktenzeichen 252 F 180/21)

 

Tenor

Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass der Senat auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung ... beabsichtigt, hinsichtlich des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung ... (Versicherungsnummer: ...) in Bezug auf den Zuschlag von Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (Grundrentenzuschlag) von einem Wertausgleich bei der Scheidung abzusehen.

Hierzu erhalten die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen.

 

Gründe

I. Das Beschwerdeverfahren betrifft die im Scheidungsverbund getroffene Entscheidung über den Versorgungsausgleich.

Neben weiteren Anwartschaften aus privater Altersversorgung hat die Antragsgegnerin in der für den Versorgungsausgleich relevanten Ehezeit vom TT.MM.1989 bis zum TT.MM.2021 Anrechte bei der Deutschen Rentenversicherung ... zu Versicherungsnummer ... erworben. Der Versorgungsträger hat in der Auskunft vom TT.MM.2022 einen Ehezeitanteil von 14,4918 Entgeltpunkten mitgeteilt und einen Ausgleichswert von 7,2459 Entgeltpunkten vorgeschlagen. Ferner besteht nach der Auskunft ein ehezeitlicher Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (sog. Grundrentenzuschlag) in Höhe von 0,4914 Entgeltpunkten, von denen nach dem Vorschlag 0,2457 Entgeltpunkte ausgeglichen werden sollen.

Auf den am TT.MM.2021 zugestellten Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 15.03.2023 die am TT.MM.1989 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Hinsichtlich der Anrechte der Antragsgegnerin aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat es lediglich die in der allgemeinen Rentenversicherung erworbenen Entgeltpunkte berücksichtigt und den Grundrentenzuschlag unerwähnt gelassen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Deutsche Rentenversicherung ... mit ihrer Beschwerde vom 06.04.2023, mit der sie geltend macht, im Rahmen der Durchführung des Versorgungsausgleichs sei auch eine Aussage über den Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung zu treffen. Die Frage, ob das Anrecht aufgrund von Geringfügigkeit auszugleichen sei oder nicht, habe das Gericht im Rahmen des insoweit eingeräumten Ermessens zu entscheiden.

Die Antragsgegnerin hat zu der Beschwerde dahingehend Stellung genommen, dass es ihrem Anrecht aus dem Grundrentenzuschlag ihrer Ansicht nach an einer Ausgleichsreife fehle, da es zum einen noch nicht hinreichend verfestigt sei und zum anderen ein Ausgleich für den Antragsteller unwirtschaftlich wäre, da er daraus aufgrund der durchzuführenden Einkommensanrechnung keine Versorgung erhalten würde. Zudem spricht sie sich im Hinblick auf den geringen Ausgleichswert gegen einen Ausgleich aus.

Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 22.05.2023 ausgeführt, der Grundrentenzuschlag sei im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Die Bagatellgrenze des § 18 VersAusglG greife nicht durch, weil es sich um ein den übrigen Anrechten der Beteiligten in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung gleichartiges Anrecht handele.

II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde führt dazu, dass hinsichtlich des Anrechts der Antragsgegnerin aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung eine Entscheidung zu treffen ist. Der Sache nach erwägt der Senat nach dem bisherigen Vorbingen der Beteiligten wegen der Geringfügigkeit des Anrechts von dessen Ausgleich abzusehen.

1. Bei dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung i.S.v. § 76g SGB VI handelt es sich um ein im Versorgungsausgleich auszugleichendes Anrecht gemäß § 2 Abs. 2 VersAusglG (vgl. BGH, Beschluss vom 01.03.2023 - XII ZB 360/22, juris Rn. 8). Es ist auf eine Rente gerichtet, dient der Absicherung im Alter oder bei Invalidität und wird auch durch Arbeit geschaffen und aufrechterhalten, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Höhe des Rentenanspruchs mit der Höhe der erbrachten Beitragszahlungen korrespondiert (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 11).

2. Das Anrecht ist auch ausgleichsreif i.S.v. § 19 Abs. 2 VersAusglG. Insbeso...

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