Leitsatz (amtlich)

Der einer Partei beigeordnete auswärtige Rechtsanwalt, der weder bei dem Prozessgericht noch bei einem Gericht zugelassen ist, das sich an demselben Ort wie das Prozessgericht befindet, erhält gem. § 126 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BRAGO die ihm entstandenen Reisekosten erstattet, falls der Beiordnungsbeschluss keine diesbezüglichen Beschränkungen ausdrücklich ausgesprochen hat.

 

Normenkette

BRAGO § 126

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Beschluss vom 08.12.2004; Aktenzeichen 4 O 1069/04)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägervertreters wird der Beschluss des LG Braunschweig vom 8.12.2004 - 4 O 1069/04 (132) - aufgehoben und der Beschl. v. 27.10.2004 - 4 O 1069/04 (132) - dahingehend abgeändert, dass die aus der Landeskasse an den Klägervertreter gem. Antrag vom 22.9.2004 zu erstattenden Kosten festgesetzt werden auf 400,25 EUR.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Klägerin ist durch Beschluss des LG Braunschweig vom 15.6.2004 - 4 O 1069/04 (132) - Prozesskostenhilfe für ihre Rechtsverfolgung ohne Einschränkungen bewilligt worden. Ihr ist Rechtsanwalt B. aus H. beigeordnet worden.

Mit Antrag vom 22.9.2004 hat der Klägervertreter Antrag auf Festsetzung der Vergütung gestellt. Dabei hat er neben Prozessgebühr und Verhandlungsgebühr auch Fahrtkosten i.H.v. 68,04 EUR und Abwesenheitsgeld i.H.v. 31 EUR geltend gemacht.

Mit Beschl. v. 27.10.2004 sind die an den Klägervertreter zu erstattenden Kosten auf 285,36 EUR festgesetzt worden. Dabei sind Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld im Hinblick auf § 126 BRAGO abgesetzt worden.

Dem gegen den Beschluss eingelegten Rechtsbehelf hat die Beamtin der Geschäftsstelle nicht abgeholfen und dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt. Durch Beschl. v. 8.12.2004 ist die als Beschwerde bezeichnete Erinnerung zurückgewiesen worden. Das LG hat dazu ausgeführt, dass die Beiordnung nach § 121 Abs. 3 ZPO nur zulässig sei, wenn dadurch keine Mehrkosten entstehen. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des OLG Celle (OLG Celle, Beschl. v. 14.4.2000 - 18 WF 90/00, 18 WF 91/00, OLGReport Celle 2000, 198 = MDR 2000, 1038 = JurBüro 2000, 480 = FamRZ 2000, 1387) sowie Beschlüsse des LG Braunschweig hat das LG dazu ausgeführt, dass der Antrag auf Beiordnung ohne sonstige Erweiterung immer auf das gesetzliche Maß, jedoch nicht auf mehr gerichtet sei.

Gegen den ihm am 14.12.2004 zugestellten Beschluss hat der Klägervertreter mit am 20.12.2004 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Wenn von einem auswärtigen Anwalt vor der Beiordnung nicht die Erklärung verlangt werde, dass er zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts arbeiten werde, müsse er auch ohne Beschränkung honoriert werden.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ist die Entscheidung gem. § 568 Ziff 2 ZPO mit Beschl. v. 24.2.2005 dem Senat zur Entscheidung übertragen worden.

II. Die Beschwerde ist zulässig und auch in der Sache erfolgreich.

1. Die Beschwerde ist nach § 128 Abs. 4 BRAGO zulässig.

a.) Für die Zulässigkeit des eingelegten Rechtsmittels kam es im Hinblick auf die vorliegende Beschwer von 114,88 EUR brutto zunächst darauf an, ob die Vorschriften der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) und mithin § 128 Abs. 4 S. 1 BRAGO oder aber bereits die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) und damit gem § 56 Abs. S. 1 die Vorschrift des § 33 Abs. 3 S. 1 RVG anzuwenden war. Während § 128 Abs. 4 S. 1 BRAGO eine Beschwer von über 50 EUR erfordert, beträgt die Mindestbeschwer nach § 33 Abs. 3 S. 1 RVG über 200 EUR. Vorliegend waren gem. §§ 60 Abs. 1 S. 1, 61 Abs. 1 S. 1 RVG die Vorschriften der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) und damit § 128 Abs. 4 S. 1 BRAGO weiter anzuwenden, da der Klägervertreter dieser vor dem Stichtag vom 1.7.2004 beigeordnet worden ist (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller/Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 16. Aufl., § 60 Rz. 30) und es sich bei dem Antrag auf Erstattung der Kosten gem. §§ 123 ff. BRAGO einschließlich der Erinnerungs- und Beschwerdemöglichkeit nach § 128 Abs. 3 und 4 BRAGO nicht um ein Rechtsmittel i.S.d. § 61 Abs. 1 S. 2 RVG handelt.

Bei dem Verfahren nach § 128 Abs. 3 und 4 BRAGO bzw. § 56 Abs. 1 und 2 RVG handelt es sich um ein gestuftes Verfahren, bei dem zunächst der Rechtsbehelf der Erinnerung (Riedel/Süßbauer/Schneider, BRAGO, 8. Aufl., § 128 Rz. 39, Schneider/Gebauer, RVG, 2. Aufl., § 56 Rz. 4) und danach gegen den Beschluss über die Erinnerung die Beschwerde als echtes Rechtsmittel (Schneider/Gebauer, RVG, 2. Aufl., § 56 Rz. 16) gegeben ist. Während das Erinnerungsverfahren daher kein Rechtsmittel i.S.d. § 61 Abs. 1 S. 2 RVG sein kann (Schneider/Gebauer, RVG, 2. Aufl., § 61 Rz. 32), ist die dem Erinnerungsverfahren nachfolgende Beschwerde als solche grundsätzlich ein Rechtsmittel, da sie sich gegen eine den Rechtszug abschließende Entscheidung richtet (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller/Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 16. Aufl., § 56 Rz. 3).

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