Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlasspflegschaft zur Geltendmachung eines Auseinandersetzungsanspruches

 

Leitsatz (amtlich)

Richtet sich der Auseinandersetzungsanspruch gemäß § 2042 BGB gegen einen Nachlass, kann zu dessen Geltendmachung gemäß § 1961 BGB ein Nachlasspfleger zu bestellen sein; dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Mitglied einer Erbengemeinschaft verstirbt und dessen Erben unbekannt sind (Anschluss an KG, Beschluss vom 3. Oktober 1980 - 1 W 3322/80 -, OLGZ 1981, S. 151 [153]; OLG Hamm, Beschluss vom 10. Oktober 2015 - 15 W 466/15 -, juris, Rn. 2).

 

Normenkette

BGB §§ 1958, 1960 Abs. 1, §§ 1961, 2042; FamFG § 59 Abs. 1-2, § 63 Abs. 1, § 70 Abs. 2 S. 1, §§ 81, 84; GNotKG §§ 61, 64 Abs. 2; ZPO § 239 Abs. 1, § 246 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Braunschweig (Beschluss vom 07.02.2019; Aktenzeichen 30 VI 1353/18)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den - den Antrag auf Einrichtung einer Nachlasspflegschaft zurückweisenden - Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig - Nachlassgericht - vom 7. Februar 2019 - 30 VI 1353/18 - wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf die Wertstufe bis 50.000,00 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligten begehren die Anordnung einer Nachlasspflegschaft für die - ihrer Ansicht nach unbekannten - Erben der Erblasserin.

Die im Jahre 1974 verstorbene Erblasserin und der im Jahre 2016 verstorbene Herr B. waren in Erbengemeinschaft Eigentümer eines in einer ländlichen Region in Brandenburg gelegenen Hausgrundstücks (345 m2 Gebäude- und Freifläche, 970 m2 Landwirtschaftsfläche). Der Ehemann der Erblasserin ist im Jahre 1977 verstorbenen, ihre Tochter ist im Jahre 1989 kinderlos verstorben und ihr Sohn ist im Jahre 2009 verstorben. Der Sohn der Erblasserin hat seine Schwester ausweislich des Teilerbscheins des Amtsgerichts Braunschweig vom 2. August 1989 - 31 VI 248/89 - zu 1/2 beerbt; aus seiner 1968 geschiedenen Ehe sind zwei 1956 und 1958 geborene Kinder hervorgegangen.

Mit Schriftsatz vom 5. Juli 2018 regte der Nachlasspfleger für die Beteiligten an, für die "unbekannten Erben" der Erblasserin eine Nachlasspflegschaft anzuordnen; es bestehe "ein Sicherungsbedürfnis (Grundbuchauszug)" und zugunsten der von ihm vertretenen Beteiligten bestünden Auseinandersetzungsansprüche gegenüber den Erben der Erblasserin, die die Beteiligten geltend machen wollten. Vorsorglich werde ein entsprechender Antrag nach § 1961 BGB gestellt.

Nach weiterem Schriftwechsel wies das Amtsgericht mit Beschluss vom 7. Februar 2019 den Antrag auf Anordnung einer Nachlasspflegschaft gemäß § 1961 BGB zurück. Die gesetzlichen Erben der Erblasserin seien bekannt; sie sei beerbt worden von ihrem 1977 verstorbenen Ehemann und ihren 1989 und 2009 verstorbenen Kindern; Erbausschlagungserklärungen lägen nicht vor; insoweit komme auch eine Nachlasspflegschaft nach § 1960 BGB nicht in Betracht. Zudem rechtfertige das Ziel der Erbauseinandersetzung nicht die Bestellung eines Nachlasspflegers.

Gegen diesen am 15. Februar 2019 zugestellten Beschluss legte der Nachlasspfleger mit Schriftsatz vom 4. März 2019 - eingegangen am 6. März 2019 - Beschwerde ein. Da die Erbenstellung des Ehemannes und der Kinder der Erblasserin nicht sicher sei, seien die Erben der Erblasserin unbekannt im Sinne des § 1961 BGB; auch ein Erbauseinandersetzungsanspruch rechtfertige eine Nachlasspflegschaft.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 7. Mai 2019 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschlüsse vom 7. Februar und 7. Mai 2019 (Bl. 54-56 und 78 f. d.A.) und die Beschwerdeschrift vom 4. März 2019 (Bl. 58-64 d.A.) Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie innerhalb der Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt worden und die Beteiligten sind beschwerdebefugt.

Die Beschwerde ist als solche der Beteiligten auszulegen, obwohl sie nicht ausdrücklich in deren Namen eingelegte worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2016 - V ZB 43/15 -, FGPrax 2016, S. 99 [Rn. 6]). Die unbekannten Erben werden durch den Nachlasspfleger gesetzlich vertreten (BGH, Urteil vom 22. Januar 1981 - IVa ZR 97/80 -, NJW 1981, S. 2299 [2300] m.w.N.; Leipold, in: MüKo, 7. Auflage 2017, § 1960 BGB, Rn. 48; Zimmermann, in: ZEV 2011, S. 631 m.w.N.) und können Beschwerdebefugt sein, während der Nachlasspfleger nicht beschwerdebefugt wäre, da er durch die Zurückweisung des Antrags nicht in eigenen Rechten beeinträchtigt ist (vgl. Schulz, in: Groll/Steiner, Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung, 5. Auflage 2019, § 23, Rn. 26 m.w.N.).

Die Beteiligten sind beschwerdebefugt. Wird die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft abgelehnt, ist beschwerdebefugt, wer ein rechtliches Interesse an der Abänderung des ablehnenden Beschlusses hat, § 59 Abs. 1 FamFG; dies ist insbesondere bei Nachlassgläubigern der Fall, die gemäß § 1...

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