Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhalt: Auskunftsanspruch richtet sich nach dem Unterhaltsstatut

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Frage, ob ein Unterhaltsberechtigter gegen den Unterhaltspflichtigen einen Auskunftsanspruch hat, richtet sich nach dem Unterhaltsstatut.

2. Das italienische Recht kennt im Abänderungsverfahren nach Art. 9 Abs. 1 des Ehescheidungsgesetzes 898/1970 keinen Auskunftsanspruch des Unterhaltsberechtigten.

3. Es liegt insoweit keine Gesetzeslücke vor, die durch die Anwendung deutschen Rechts zu schließen ist.

4. Auch § 254 ZPO führt in diesem Fall zu keinem dem materiellen Recht zuzuordnenden Anspruch aus § 1580 BGB.

 

Normenkette

EGBGB Art. 18; ZPO § 254; BGB § 1580

 

Verfahrensgang

AG Obernburg a.M. (Urteil vom 20.07.2004; Aktenzeichen 2 F 17/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Teilurteil des AG - FamG - ... vom 20.7.2004 abgeändert.

II. Die Klage auf Auskunft und Belegvorlage wird abgewiesen.

III. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Endurteil des AG - FamG - ... vom 20.7.2004 (Bl. 148 ff. d.A.). Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung beantragt der Beklagte, das Urteil des AG ... vom 20.7.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II. Die Berufung ist gem. §§ 511 ff. ZPO zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes gem. § 511 Abs. 2 ZPO 600 EUR. Der Beklagte müsste zur Erfüllung der durch das angegriffene Urteil auferlegten Verpflichtung einen Steuerberater einschalten, dessen Kosten höher zu veranschlagen sind als die vorgenannte Berufungssumme.

Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Auskunft über sein Einkommen. Die Begründetheit der Klage richtet sich nach italienischem Recht, das einen solchen Anspruch nicht kennt.

1. Ob zwischen geschiedenen Ehegatten eine Auskunftspflicht über das Einkommen des Unterhaltsschuldners besteht, richtet sich nach dem Unterhaltsstatut (BGH v. 9.2.1994 - XII ZR 220/92, MDR 1994, 587 = FamRZ 1994, 558; Palandt/Heldrich, 62. Aufl., EGBGB § 18 Rz. 17). Beim Auskunftsanspruch handelt es sich nämlich um einen Ausfluss der Unterhaltspflicht. Gemäß Art. 1 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2.10.1973 (BGBl. II 1986, 837) ist für die Unterhaltspflichten zwischen den geschiedenen Ehegatten das auf die Ehescheidung angewandte Recht maßgebend. Die Ehe der Parteien wurde aber durch Urteil des Zivilgerichts Rom vom 9.4.1990 nach italienischem Recht geschieden. Obwohl die Ehescheidung vor dem In-Kraft-Treten der EG-VO Nr. 1347/2000 vom 29.5.2000 erfolgte, bedurfte es keines besonderen Anerkennungsverfahrens für die Scheidung gem. Art. 7 § 1 FamRÄndG. Für die Anerkennung der nicht unmittelbar auf dem Scheidungsausspruch beruhenden Nebenfolgen, im vorliegenden Fall die Auskunftspflicht, ist die Durchführung des Anerkennungsverfahrens grundsätzlich nicht erforderlich (Palandt/Heldrich, 62. Aufl., EGBGB § 17 Rz. 31, m.w.N.).

2. Das anzuwendende italienische Recht kennt einen Auskunftsanspruch zur Ermittlung des Einkommens des unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten nicht. Scheidung und Scheidungsfolgen sind in legge 1/12/1970, n. 898 i.d.F. d. Ges. n. 72 vom 6.3.1987, geregelt. Nach dessen Art. 5 Abs. 6 wird in dem Urteil, das die Auflösung der Ehe ausspricht, die Verpflichtung eines der Ehegatten angeordnet, dem anderen einen regelmäßigen Unterhaltsbeitrag zu leisten, sofern dieser keine ausreichenden eigenen Mittel hat oder sie sich aus objektiven Gründen nicht beschaffen kann. Dabei sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten zu berücksichtigen. Um die Kriterien für Bestehen und Höhe des nachehelichen Ehegattenunterhaltsanspruchs gem. Art. 5 Abs. 6 des genannten Gesetzes bestimmen zu können, räumt das italienische Recht dem bedürftigen Ehegatten keinen Auskunftsanspruch ein. Vielmehr müssen gem. Art. 5 Abs. 9 dieses Gesetzes die Ehegatten im ersten Termin dem Vorsitzenden des Gerichts ihre persönliche Einkommensteuererklärung sowie alle Unterlagen über ihre Einkünfte sowie ihr persönliches und das gemeinsame Vermögen vorlegen. Im Bestreitensfall ordnet das Gericht Nachforschungen über die Einkommen, die Vermögen und den Lebenshaltungsstil an, wobei es erforderlichenfalls auch die Steuerfahndungsbehörden heranziehen kann.

Da es im vorliegenden Fall nicht um die erstmalige Festsetzung des Unterhalts geht, sondern um die Abänderung des vom Gericht mit der Scheidung festgesetzten Betrages, ist Art. 9 Abs. 1 des genannten reformierten Ehescheidungsgesetzes Nr. 898/1970 maßgeblich. Danach kann das Gericht auf Antrag einer Partei die Überprüfung der Verfügungen anordnen, die die Höhe und die nach Art. 5 zu leistenden Unterhaltsbeiträge betreffen, wenn nach dem Urteil, das ...

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