Entscheidungsstichwort (Thema)

Urteil. Revision. Sachrüge. Verfahrensrüge. Berufung. Berufungsgericht. Berufungsbeschränkung. Verfahrensvoraussetzung. Prozessvoraussetzung. Prozesshindernis. Verfahrenshindernis. Verjährung. Verfolgungsverjährung. Rechtsfolgenausspruch. Strafmaß. Veranlagungszeitraum. Steueranspruch. Steuerhinterziehung. Steuerverkürzung. Steuerberechnung. Hinterziehungsbetrag. Verschleierungshandlung. Freiheitsstrafe. Geldstrafe. Strafrahmen. Bevollmächtigung. Vollmacht. Verteidigervollmacht. Ermächtigung. Subsumtion. Feststellung. Schuldfeststellung. Darstellungsmangel. Tatfrage. Rechtsfrage. Rückwirkung. Rückwirkungsverbot. Vertrauenstatbestand

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Wirksamkeit der Beschränkung einer Berufung auf das Strafmaß wird nicht dadurch infrage gestellt, dass der Angeklagte sich darauf beruft, bei einem Teil der Taten seien die Voraussetzungen für ein Regelfallbeispiel gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO aus rechtlichen Gründen nicht erfüllt. Dies gilt selbst dann, wenn das Rechtsmittel insoweit das Ziel einer Verfahrenseinstellung wegen Verjährung der Taten verfolgt.

2. Im Falle besonderer Verschleierungshandlungen durch Vereinnahmung von Geldern über ein ausländisches Konto war bereits nach früherer Rechtsprechung ein großes Ausmaß der verkürzten Steuern i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO schon ab einen Betrag von 50.000 EUR anzunehmen, so dass sich die Frage, ob und inwieweit eine Änderung der Rechtsprechung sich als eine unzulässige Rückwirkung erweist, schon deshalb nicht stellt.

 

Normenkette

GG Art. 103 Abs. 2; AO § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, § 376 Abs. 1; StGB §§ 1, 11 Nr. 8 Alt. 2; StPO § 302 Abs. 2, §§ 318, 344 Abs. 2 S. 2; OWiG § 67 Abs. 2

 

Tenor

  • I.

    Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts vom 23. Februar 2018 wird als unbegründet verworfen.

  • II.

    Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 26.10.2017 wegen Steuerhinterziehung in 6 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Daneben hat es gegen den Angeklagten eine Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 190 Euro verhängt und die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 238.000 Euro angeordnet. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte am 02.11.2017 Berufung ein, welche er mit Verteidigerschriftsatz vom 02.02.2018 "auf das Strafmaß und die Rechtsfrage" beschränkte, "ob für die Veranlagungszeiträume 2007, 2008 und 2009 ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung gemäß § 370 III 2 Nr. 1 AO" vorliege. Mit Urteil vom 23.02.2018 hat das Landgericht, das von einer wirksamen Beschränkung des Rechtsmittels auf den "Rechtsfolgenausspruch" ausging, die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Höhe der angeordneten Einziehung von Wertersatz 228.000 Euro beträgt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt.

II.

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der statthaften und auch im Übrigen zulässigen Revision deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

1. Eine den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügende Verfahrensrüge ist mangels Ausführung nicht erhoben.

2. Die Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß ist wirksam, was der Senat aufgrund der zulässigen Revision von Amts wegen zu prüfen hat (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 30.11.1976 - 1 StR 319/76 = BGHSt 27, 70 = NJW 1977, 442 = JZ 1977, 142 = MDR 1977, 326 = DAR 1977, 136 = JR 1978, 70; BayObLG, Beschl. vom 02.02.2001 - 5St RR 20/01 = VRS 100 [2001], 354 = NZV 2001, 353 = BA 38, 290; OLG Bamberg, Beschl. v. 03.04.2018 - 3 Ss OWi 330/18; 30.10.2017 - 3 Ss OWi 1206/17 = VM 2018, Nr. 7 = ZfS 2018, 114; 09.10.2017 - 3 OLG 6 Ss 94/17; Urt. vom 14.03.2017 - 3 OLG 6 Ss 22/17 [jeweils bei juris]; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 61. Aufl. § 318 Rn. 33, § 327 Rn. 9, § 352 Rn. 4).

a) Die Bestimmung des § 302 Abs. 2 StPO steht der Wirksamkeit der vom Verteidiger erklärten Berufungsbeschränkung auf das Strafmaß nicht entgegen. Der Verteidiger war nach dem Inhalt seiner gegenüber dem Senat auf Anfrage hin mit Schreiben vom 22.05.2018 abgegebenen Stellungnahme ausdrücklich vom Angeklagten dazu ermächtigt, die als Teilrücknahme des zunächst unbeschränkt eingelegten Rechtsmittels zu wertende nachträgliche Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß (vgl. für den Fall der Einspruchsbeschränkung nach § 67 Abs. 2 OWiG zuletzt OLG Bamberg, Beschl. v. 03.04.2018 - 3 Ss OWi 330/18 [bei juris] m.w.N.) zu erklären.

b) Auch sonst begegnet die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung keinen Bedenken.

aa) Die tatsächlichen Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils entsprechen zwar nicht den Anforderungen an eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung, weil die Darstellung der Steuerberechnung im Einzelnen (st.Rspr., vgl. zuletzt nur BGH, Beschl. v. 24. 1 StR 176/17 = NStZ 2018, 341 = NZWiSt 2018, 38 = StV 2...

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