Entscheidungsstichwort (Thema)

Schiedsverfahrensklausel und Verzicht auf Urkundsprozess

 

Leitsatz (amtlich)

Der Zweck des Urkundsprozesses besteht darin, dem Kläger die Möglichkeit zu verschaffen, schneller als im ordentlichen Verfahren zu einem vollstreckbaren Titel zu kommen. Hierauf verzichtet ein Gläubiger auch bei umfassender Schiedsverfahrensklausel nicht, weshalb diese Einrede im Urkundsprozess noch nicht durchgreift, vielmehr erst im Nachverfahren das Schiedsgericht zuständig wird, falls die Schiedsverfahrenseinrede bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung im Urkundsprozess erhoben worden ist.

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Urteil vom 16.01.2003; Aktenzeichen 2 O 64/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG Bamberg vom 16.1.2003 abgeändert.

II. Das Vorbehaltsurteil des LG Bamberg vom 16.5.2002 wird unter Wegfall des Vorbehalts aufrechterhalten.

III. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.

IV. Den Beklagten wird als Erben die Beschränkung ihrer Haftung auf den Nachlass des ... vorbehalten. Dieser Vorbehalt gilt auch für die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

VI. Der Wert der Beschwer der Beklagten beträgt 21.351,55 Euro.

VII. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen Vortrags und der Anträge der Parteien im ersten Rechtszug wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 77-80 d.A.). Zu ergänzen ist Folgendes: Das LG hat den damaligen Beklagten ... im Urkundenprozess mit Vorbehaltsurteil vom 16.5.2002 zur Zahlung von 21.351,55 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 20.165,35 Euro seit 4.3.2002 und aus weiteren 1.186,20 Euro seit 12.4.2002 verurteilt. Das Vorbehaltsurteil hat formelle Rechtskraft erlangt. Im Nachverfahren hat der Beklagte ... auch geltend gemacht, dass der Anspruch der Klägerin verwirkt sei. Diese ist dem entgegengetreten.

Das LG hat das Vorbehaltsurteil im Nachverfahren mit Endurteil vom 16.1.2003 aufgehoben, die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen (Bl. 80-84 d.A.).

Die Klägerin hat gegen das ihr am 31.1.2003 zugestellte Endurteil am 26.2.2003 Berufung eingelegt und sie am 26.3.2003 begründet.

Mit dem Rechtsmittel verfolgt sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiter. Sie wendet sich gegen die Auffassung des LG, dass der Beklagte ... die Einrede des Schiedsvertrags rechtzeitig erhoben habe. Im Übrigen bezieht sie sich auf ihr Vorbringen im ersten Rechtszug.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und das Vorbehaltsurteil vom 16.5.2002 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und machen vorsorglich die beschränkte Erbenhaftung nach § 780 ZPO, auch hinsichtlich der Prozesskosten, geltend. Im Übrigen nehmen sie Bezug auf den erstinstanzlichen Vortrag des Beklagten ... .

Der Senat hat gemäß Beschluss vom 10.12.2003 (Bl. 187 f. d.A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... und ... . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 28.4.2004 Bezug genommen (Bl. 212-218 d.A.).

... ist am ...1.2003 verstorben. Seine Ehefrau ... - seine gewillkürte und gesetzliche Erbin - und sein einziges Kind ... haben die Erbschaft ausgeschlagen (Bl. 107-108 d.A.). Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des ... hat der Senat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 10.6.2003 ausgesetzt (Bl. 117 d.A.). Am 14.4.2003 hat das AG Lichtenfels ... zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben des ... bestellt (Bl. 123 d.A.). Der Nachlasspfleger hat das Verfahren für die unbekannten Erben aufgenommen (Bl. 151 d.A.).

II. Die nach § 511 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 517, 519, 520 ZPO) hat auch in der Sache Erfolg.

Das Vorbehaltsurteil vom 16.5.2002 ist unter Wegfall des Vorbehalts aufrechtzuerhalten, weil die Klage zulässig und begründet ist.

1. Entgegen der Auffassung des LG steht der Zulässigkeit der Klage nicht die vom Beklagten ... erstmals im Nachverfahren erhobene Einrede des Schiedsvertrags entgegen.

a) Nach § 15 Abs. 3 des Pachtvertrags vom 29.1.1999 ist für alle sich aus diesem Vertrag ergebenden Streitigkeiten der Vertragspartner unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs ein Schiedsgericht zuständig. Das stellt eine Schiedsvereinbarung i.S.v. § 1029 ZPO dar. Die Klage betrifft eine Angelegenheit, die Gegenstand der Schiedsvereinbarung ist. Sie wäre im Nachverfahren gem. § 1032 Abs. 1 ZPO als unzulässig abzuweisen gewesen, wenn sich der Beklagte ... bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung im Urkundenprozess auf die Schied...

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