Leitsatz (amtlich)

1. Hat das Tatgericht (hier: Berufungsgericht) ausweislich seiner Urteilgründe gegen den Angeklagten Strafen bzw. Nebenstrafen festgesetzt, obwohl es ihn wegen der insoweit angenommenen Taten nicht schuldig gesprochen hat, fehlt den angeordneten Rechtsfolgen die Grundlage, weshalb die insoweit ausgeurteilten Rechtsfolgen auf die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten hin entfallen müssen. Da die noch nicht abgeurteilten Tatvorwürfe bei dem Revisionsgericht bereits nicht anhängig geworden sind, unterliegen sie weiterhin der Kognition des erkennenden Tatgerichts, das im Falle einer Berufung des Angeklagten bislang nur unvollständig über das Rechtsmittel entschieden hat (Anschluss an BGH, Beschluss vom 15.10.2014 - 2 StR 215/14 [bei [...]]).

2. Die Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis setzt über Feststellungen zu Tatzeit und zur Tatbestandsverwirklichung an einem bestimmten Ort weitere den Schuldumfang wesentlich (mit-) bestimmende, der Tat erst ihr Gepräge gebende und damit nicht nur für den Rechtsfolgenausspruch bedeutsame Feststellungen zum Tatmotiv, den Verkehrsverhältnissen bei Tatbegehung sowie zum Fahrtanlass und gegebenenfalls weiteren konkreten Umständen der Tat, insbesondere zu Art, Dauer und Länge der beabsichtigten oder tatsächlich absolvierten Fahrtstrecken voraus, (Festhaltung u.a. an OLG Bamberg DAR 2013, 585 = OLGSt StVG § 21 Nr. 10 und OLG Bamberg BA 50 [2013], 88 = VerkMitt 2013, Nr. 36 = OLGSt StPO § 318 Nr. 20 = zfs 2013, 589).

3. Auch dann, wenn die Körperverletzung unter Einsatz eines Kraftfahrzeugs begangen wurde, hängt die Erfüllung des Tatbestandes nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB davon ab, dass das Fahrzeug tatsächlich als 'efährliches Werkzeug', d.h. als ein nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen zuzufügen (Festhaltung u.a. an BGH, Beschluss vom 28.09.2010 - 3 StR 338/10 [bei [...]]).

 

Normenkette

StGB §§ 22-23, 44, 47 Abs. 1, § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nrn. 2, 5, Abs. 2, §§ 229, 240 Abs. 1-2; StVG § 21; StPO § 267 Abs. 3 S. 2 Hs. 2

 

Tenor

  • I.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts vom 28. Juli 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.

  • II.

    Soweit der Angeklagte wegen fahrlässiger Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung in zwei tateinheitlichen Fällen verurteilt wurde, wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

  • III.

    Soweit das Landgericht gegen den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots in zwei Fällen jeweils Einzelfreiheitsstrafen von drei Monaten festgesetzt und ein Fahrverbot angeordnet hat, hat die erkennende Strafkammer des Landgerichts noch über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 30.07.2013 zu entscheiden.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 30.07.2013 wegen vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots in zwei Fällen, Verstößen gegen eine bestimmte vollstreckbare Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (§ 4 Satz 1 GewSchG) in drei Fällen, fahrlässiger Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer aus Einzelfreiheitsstrafen von zweimal drei Monaten, dreimal zwei Monaten, einem Monat und neun Monaten gebildeten, nicht zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr. Daneben hat es dem Angeklagten gemäß § 44 StGB für die Dauer von drei Monaten verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen.

Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil mit Urteil vom 28.07.2014 dahin "abgeändert", dass es den Angeklagten "der fahrlässigen Körperverletzung" und "der gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit zwei rechtlich zusammentreffenden Vergehen der Nötigung" schuldig gesprochen und ihn "deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt" und "im Übrigen die Berufung des Angeklagten zurückgewiesen" hat.

Im Hinblick auf die amtsgerichtliche Verurteilung wegen dreier Verstöße gegen eine bestimmte vollstreckbare Anordnung nach dem GewSchG wurde in der Berufungshauptverhandlung von einer weiteren Verfolgung des Angeklagten gemäß § 154 Abs. 1 StPO abgesehen.

Mit seiner gegen das Berufungsurteil eingelegten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

II.

Die Revision führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.

1. Soweit das Landgericht gegen den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots in zwei Fällen jeweils Einzelfreiheitsstrafen in Höhe von drei Monaten festgesetzt und deshalb gegen ihn ein dreimonatiges Fahrverbot angeordnet hat, wurde von der Berufungskammer bislang ein Schuldspruch nicht verkündet. Deshalb fehlt für die in den Urteilsgründen ausgeworfenen Einzelfreiheitsstrafen in Höhe von jeweils drei Monaten und für das ...

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