Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Pflicht zur Namensoffenbarung des Werbeanrufers, der selbst nicht Unternehmer ist

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Verstoß gegen § 312a Abs. 1 BGB oder nach § 3 Abs. 1 UWG aF liegt nach richtlinienkonformer Auslegung (Art. 8 Abs. 5 VerbrRRL) nicht vor, wenn eine Person, die nicht selbst Unternehmer, sondern nur Mitarbeiter eines solchen ist, bei einem Werbeanruf ihren (wirklichen) Namen nicht nennt.

 

Normenkette

BGB §§ 13, 312a Abs. 1; UWG § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11, § 5 Abs. 1 Nr. 3, § 8 Abs. 1, § 12 Abs. 1 S. 2; VerbrRRL Art. 8 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Bayreuth (Urteil vom 28.04.2016; Aktenzeichen 31 O 354/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 19.04.2018; Aktenzeichen I ZR 244/16)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 28.04.2016, Az. 31 O 354/15, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

Die Parteien sind im Wettbewerb stehende Stromlieferanten und streiten um wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche und Abmahnkosten.

Am 20. Oktober 2014 bzw. im November 2014 rief ein Herr M. die Kundinnen der Klägerin G. und R. im Auftrag der Beklagten an und erklärte diesen im Rahmen seiner Vorstellung wahrheitswidrig, F. zu heißen.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 11.06.2015 (Anlage K4) hat die Klägerin die Beklagte deshalb erfolglos abgemahnt.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Nennung eines falschen Namens durch den Anrufer sei wettbewerbswidrig.

Die Beklagte meint dagegen, die Nennung eines Alias-Namens sei zulässig. § 312a Abs. 1 BGB sei richtlinienkonform dahingehend zu verstehen, dass nur die Identität des Unternehmens benannt werden müsse, nicht aber die der anrufenden Person.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 126-128 d.A.) verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage abgesehen von einem Teil der geforderten Abmahnkosten stattgegeben und der Beklagten untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Strom, Kunden der Klägerin, die Verbraucher im Sinne von § 13 BGB sind, für ein Stromprodukt der Beklagten telefonisch zu kontaktieren und zu bewerben, ohne dass der Anrufer zu Beginn des Gesprächs seinen vollen bürgerlichen Vor- und Nachnamen nennt. Es hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin auf der Grundlage der §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG a. F. bzw. §§ 8 Abs. 1, 3, 3a UWG n. F. i.V.m. § 312a Abs. 1 BGB bejaht. Es hat - insoweit unangegriffen - festgestellt, dass der Anrufer M. als Beauftragter der Beklagten im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG handelte.

§ 312a Abs. 1 BGB sei eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG a.F.. Durch Verstöße würden die Interessen der Angerufenen spürbar im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG beeinträchtigt.

Der Ansicht der Beklagten, dass dem § 312a Abs. 1 BGB hier genüge getan sei, könne nicht gefolgt werden. Nach ihrem Wortlaut unterscheide die Vorschrift ausdrücklich zwischen einem anrufenden Unternehmer und den Personen, die für ihn anrufen. Ausdrücklich sei bestimmt, dass der Anrufer (also entweder der Unternehmer oder die von ihm beauftragte Person) "seine Identität" offenzulegen habe.

Der Antrag der Klägerin sei auch nicht zu weitgehend. Zwar verpflichte § 312a Abs. 1 BGB nur zur Offenlegung der Identität des Anrufers. Dieser Verpflichtung habe hier aber nur durch Nennung des Namens nachgekommen werden können.

Die vorgerichtlichen Abmahnungskosten seien auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu bezahlen, der Höhe nach aber aus einem Streitwert von 15.000,00 EUR zu berechnen.

Das Urteil wurde der Beklagten am 02.05.2016 zugestellt. Sie hat am 25.05.2016 (Bl. 149 d.A.) Berufung eingelegt und diese am 30.06.2016 (Bl. 166 d.A.) begründet.

Mit ihrer Berufung erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage. Sie beanstandet eine fehlerhafte Rechtsanwendung.

§ 312a Abs. 1 BGB sei nach Maßgabe der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 (i.F. VerbrRRL) richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass sich die Offenlegungsverpflichtung nicht auf die anrufende Person, sondern auf den den Anruf veranlassenden Unternehmer beziehe.

Art. 4 VerbrRRL sehe eine Vollharmonisierung vor. Dem nationalen Gesetzgeber sei es daher verwehrt, strengere Anforderungen zu stellen.

Art. 8 Abs. 5 VerbrRRL bestimme, dass der Unternehmer dem Verbraucher seine Identität und ggf. die Identität der Person, in deren Auftrag er anrufe, offen zu legen habe.

Das Erstgericht sei bei seiner am Wortlaut orientierten Auslegung zu dem falschen Ergebnis gelangt, dass sich die Verpflichtung zur Offenlegung der Identität nicht nur auf den Unternehmer, sondern auch auf die anrufende Person beziehe. Dies widerspreche der europarechtlichen Vorgabe des Art. 8 Abs. 5 VerbrRRL, welcher bestimme, dass sich die Offenlegungsverp...

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