Verfahrensgang

LG Aschaffenburg (Entscheidung vom 05.07.1988; Aktenzeichen 1 O 384/87)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 5. Juli 1988 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Wert der Beschwer der Beklagten beträgt 290.000,00 DM.

 

Tatbestand

Im Juli 1983 verbrachten der damals 19jährige Kläger und die etwa gleichaltrigen Beklagten, die bis auf den am 27.12.1966 geborenen Beklagten zu 3) das achtzehnte Lebensjahr bereits vollendet hatten, gemeinsam ein Wochenende beim Zelten in den Uferwiesen nahe der Gemeinde ... an einer Stelle, an der der dort etwa 4 bis 5 Meter breite ... in den Main einfließt. Das Gelände ist im unmittelbaren Mündungsbereich zwischen Main und Sulzbach auf der begehbaren Oberfläche betoniert. Die durchgängige Betondecke ist in Richtung auf den Sulzbach abgerundet; im Anschluß an die betonierte Fläche ist die Böschung in einem Neigungswinkel, der das Einlaufen eines Menschen in das Wasser jedenfalls in normaler Gang- und Bewegungsart nicht mehr zuläßt, bis in das Bachbett hinein mit massiven Steinen abgemauert. Das Bachbett selbst war zu dieser Zeit im gesamten Mündungsbereich des Sulzbaches, für den Betrachter infolge der das Wasser durchschimmernden gelb-bräunlichen Farbe erkennbar und dem Kläger unstreitig bekannt, versandet; die Wassertiefe maß maximal 40 bis 50 cm. Zur Darstellung der Örtlichkeiten wird im übrigen auf die Lichtbilder der Blattsammlung Anlage zu Bl. 205/206 der Akten (dort 214 a bis 214 c und 214 g) verwiesen.

Am 31. Juli 1983 vormittags gegen 11.00 Uhr stand der Kläger nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien (Protokoll vom 10. April 1989, Bl. 205 d.A.) in voller Straßenbekleidung mit Blickrichtung zum Wasser auf dem zum Sulzbach abfallenden Uferbereich etwa an der Stelle, die auf den genannten Lichtbildern (Anlage zu Bl. 205/206 d.A., dort 214 e, 214 f) markiert ist. Die drei Beklagten näherten sich dem Kläger, von diesem unbemerkt, von hinten und versetzten ihm aufgrund zumindest schlüssig getroffenen Einvernehmens gemeinschaftlich einen Stoß, um ihn in das Wasser zu befördern. Die drei Beklagten haben im Augenscheinstermin vom 10. April 1989 - über den Inhalt der protokollierten Angaben hinaus - übereinstimmend bekundet, daß die Stoßrichtung "in Höhe des Schulterblattes" des Kläges geführt wurde, und daß es sich um kräftige Stoßbewegungen gehandelt habe; letztere seien insbesondere deshalb erforderlich gewesen, um den körperlich überlegenen Kläger überhaupt "zum Einlaufen in das Wasser" zu veranlassen.

Infolge der von den Beklagten gegen seinen Körper gerichteten Krafteinwirkungen wurde der Kläger in eine Vorwärtsbewegung auf den Sulzbach zu versetzt. Er kam mit beiden Beinen im schräg geneigten abgemauerten Böschungsbereich wenigstens einmal auf und geriet dann mit dem Kopf voraus auf den Boden des dort maximal 50 cm Wasser führenden Bachbettes. Dabei erlitt er einen Trümmerbruch des fünften Halswirbels und in dessen Folge eine komplette sensomotorische Querschnittslähmung unterhalb der Luxationshöhe.

Der Kläger ist der Auffassung, die Verletzung sei allein auf den von den Beklagten gemeinsam geführten Stoß zurückzuführen.

Die Haftpflichtversicherer der drei Beklagten (Volksfürsorge sowie die bei der Regulierung intern federführende Allianz AG) haben außergerichtlich den bis dahin geltend gemachten materiellen Schaden unter Berücksichtigung eines mit 30 % bewerteten Mitverschuldensanteils des Klägers abgegolten und ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000,00 DM gezahlt.

Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger weitergehenden Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens, der ihm durch die eingetretene Querschnittslähmung entstanden sei und noch entstehen werde. Zur Begründung dieses Begehrens hat er vorgetragen:

Er sei durch den für ihn unerwarteten kräftigen Stoß in den Rücken ein Stück nach vorne geschleudert worden und dadurch mit beiden Beinen auf die schräg abgemauerte Uferbefestigung der Sulzbacheinmündung geraten. Er habe zwar versucht, das Gleichgewicht zurückzugewinnen; dies sei ihm jedoch nicht gelungen, deshalb sei er mit dem Kopf voraus in das seichte Wasser gestürzt. Er habe willentlich in den Bewegungsablauf nicht eingegriffen und nach den örtlichen Gegebenheiten unter Berücksichtigung der Intensität des Stoßes der Beklagten auch gar nicht eingreifen kennen. Insbesondere habe er den von den Beklagten ausgehenden Bewegungsvergang nicht dadurch tatsächlich verändert, daß er aus der eingeleiteten Bewegung heraus gezielt zu einem Kopfsprung angesetzt habe.

Im ersten Rechtszug hat der Kläger beantragt,

die drei Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

an ihn zu zahlen

1. DM 32.457,53 nebst 4 % ...

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