Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzung für die interne Teilung des sogenannten Grundrentenzuschlags

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es handelt sich bei dem sogenannten Grundrentenzuschlag nicht um ein nach § 10 Abs. 2 VersAusglG verrechenbares, sondern um ein bei der internen Teilung gesondert auszuweisendes Anrecht vergleichbar den Entgeltpunkten in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost).

2. Im Versorgungsausgleich bedarf es für die Annahme einer Unwirtschaftlichkeit iRd § 19 Abs. 2 Ziff. 3 VersAusglG einer hohen Prognosesicherheit, die nur dann vorliegt, wenn die zu erwartende Entwicklung nahezu sicher ist. Soweit auf die aktuellen Rentenanwartschaften des Ausgleichsberechtigten abgestellt wird, ist dieser Schluss jedenfalls für das erste Jahr nach Renteneintritt nicht gerechtfertigt. Nach § 97a Abs. 2 S. 2 SGB VI ist das Einkommen des vorvergangenen Kalenderjahres für die Anrechnung zugrunde zu legen. Für den Zeitraum unmittelbar nach Renteneintritt kommt es für die Anrechnung deshalb auf das unmittelbar vor Renteneintritt erzielte Einkommen an, das aufgrund der Auskunft über die zu erwartende Rente nicht zu prognostizieren ist.

 

Normenkette

SGB VI § 7 Abs. 2, § 97a; VersAusglG § 18 Abs. 2, § 19 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Bad Kissingen (Aktenzeichen 002 F 423/20)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Kissingen vom 04.07.2022 in Ziffer 2 Absatz 2 abgeändert und ergänzt: Im Weg der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (VersNr. ...) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 6,1536 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern, bezogen auf den 31.08.2020, übertragen.

Im Weg der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (VersNr. ..., Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 0,8892 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern, bezogen auf den 31.08.2020, übertragen.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.505,60 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Das Amtsgericht Bad Kissingen hat mit Beschluss vom 04.07.2022 die Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt, soweit dieser nicht wegen einer notariellen Vereinbarung der Ehegatten vom 29.06.2022 ausgeschlossen worden war. Hinsichtlich des von der Antragsgegnerin bei der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechts erging dabei folgende Entscheidung:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr. ...) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 7,0428 Entgeltpunkten auf das vorhandene ... bei der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern, bezogen auf den 31.08.2020, übertragen.

Vom Anrecht des Antragstellers waren 15,7862 Entgeltpunkte übertragen worden. Dieser hat bisher insgesamt 40,994 Entgeltpunkte erworben und zuletzt ca. 52.000 Euro brutto im Jahr verdient. Er ist am ... geboren.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Auskunft des beteiligten Versorgungsträgers sowie auf Tenor und Gründe des Beschlusses vom 04.07.2022 verwiesen.

Gegen die ihr am 14.07.2022 zugestellte Entscheidung legte die Deutsche Rentenversicherung Bund mit am 21.07.2022 beim Familiengericht eingegangenem Schreiben Beschwerde ein und beantragt, die Entscheidung abzuändern.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Antragsgegnerin in der Ehezeit ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 12,3072 Entgeltpunkten erworben habe. Der Ausgleichswert belaufe sich demnach auf 6,1536 Entgeltpunkte. Das Amtsgericht habe ein getrenntes Anrecht in Höhe von 1,7784 Entgeltpunkten (Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung) hinzuaddiert, dies sei aber ein getrenntes und eigenständiges Anrecht, welches mit einem Ehezeitanteil von 1,7784 Entgeltpunkten bestehe. Dieses Anrecht müsse gesondert intern geteilt werden.

Der Antragsteller ist mit der beantragten Abänderung einverstanden. Die Antragsgegnerin äußerte sich nicht.

II. Die nach §§ 58 ff, 217 ff FamFG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund ist begründet und führt zur Abänderung der Entscheidung des Familiengerichts vom 04.07.2022.

Der Senat hat von einer mündlichen Erörterung der Sache (§ 221 Abs. 1 FamG) in der Beschwerdeinstanz nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG abgesehen, da hiervon bei den gegebenen Umständen keine weitergehenden entscheidungserheblichen Erkenntnisse (§ 26 FamFG) zu erwarten waren.

1) Grundsätzlich sind im Versorgungsausgleich nach § 1 VersAusglG alle in der Ehezeit (hier: ...) erworbenen Anteile von Anrechten jeweils zur Hälfte...

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