Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage der Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes der Eilbedürftigkeit im Sinne der §§ 935, 940 ZPO

 

Normenkette

ZPO §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

LG Schweinfurt (Urteil vom 02.10.2023; Aktenzeichen 21 O 575/56 eV)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 02.10.2023 im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 EUR festzusetzen.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis längstens 08.03.2024.

 

Gründe

I. Die Verfügungsklägerin verlangt vom Verfügungsbeklagten Unterlassung einer im Internet veröffentlichten negativen Kundenbewertung.

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden nur Klägerin) vertreibt im Internet Speichermodule für ...-Geräte. Der Verfügungsbeklagte (im Folgenden nur Beklagter) war Kunde der Klägerin. Er war in der Folge der Auffassung, die ihm von der Klägerin verkauften Speichermodule seien mangelhaft. Der Beklagte verfasste und veröffentlichte daraufhin als sogenannter "Local Guide" auf der Website www...com unter dem Pseudonym "..." eine negative Bewertung über die Klägerin, die jedenfalls im Juli und August 2023 für jedermann zugänglich im Internet abrufbar und einsehbar war. Die Klägerin mahnte den Beklagten mit Schriftsatz vom 21.08.2023 erfolglos ab (vgl. Anlagen ASt 1, Ast 2). Nach der Abmahnung löschte der Beklagte jedoch alle jemals von ihm als "Local Guide" verfassten Bewertungen, also auch diejenige, welche die Klägerin zum Gegenstand hatte, zusätzlich sein Google-Konto, über das er diese Bewertungen gepostet hatte, und beendete seine Teilnahme am "Local Guide"-Programm (Anlage AG 1). Die vom Beklagten verfasste Bewertung war daraufhin jedenfalls im September 2023 nicht mehr auffindbar (vgl. Bl. 36 der eAkte).

Die Klägerin hat den Beklagten in erster Instanz im Wege des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch genommen, da sie der Auffassung war, die vom Beklagten verfasste und veröffentlichte Bewertung enthalte Schmähkritik und unwahre Tatsachenbehauptungen.

Das Landgericht hat den Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Endurteil vom 02.10.2023 abgewiesen, da ein Verfügungsgrund (§§ 935, 940 ZPO) nicht glaubhaft gemacht worden sei. Die Klägerin habe eine Dringlichkeit ihres Antrags, die von der Wiederholungsgefahr als Voraussetzung des Verfügungsanspruchs zu unterscheiden sei, nicht hinreichend dargelegt. Da die Rezension durch die mittlerweile durchgeführte Löschung im Internet derzeit nicht zu finden sei, sei nicht ersichtlich, warum der Klägerin ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung in einem etwaigen Hauptsacheverfahren nicht zumutbar sein solle. Eine Eilbedürftigkeit könne daher nicht angenommen werden.

Wegen des Sach- und Streitstands in erster Instanz im Übrigen, insbesondere wegen der im Verfahren in erster Instanz gestellten Anträge sowie dem Wortlaut der vom Beklagten verfassten und veröffentlichten Bewertung wird Bezug genommen auf die Feststellungen im angegriffenen Ersturteil (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO).

Gegen das vorgenannte Endurteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Sachanträge weiterverfolgt und zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt:

Das Landgericht messe dem Schreiben des Beklagten vom 23.08.2023 (Anlage ASt 2) eine Bedeutung bei, die ihm nicht zukomme. Sodann beziehe sich das Landgericht auf die Mitteilung des Geschäftsführers der Verfügungsklägerin in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2023, wonach er die (streitgegenständliche) Rezension bislang nicht wiedergefunden habe. Basierend auf diesen beiden Äußerungen verneine es die Dringlichkeit. Diese Folgerung sei unzulässig. Es liege nicht in der Verantwortung der Klägerin, glaubhaft zu machen, dass die veröffentlichte Rezension weiterhin abrufbar sei und sie andauernd durch die Rezension eine Rechtsverletzung erleide. Vielmehr habe der Beklagte dafür zu sorgen, dass die Rezension nicht erneut veröffentlicht werde oder nicht noch abrufbar sei. Zudem habe der Beklagte vorgerichtlich angegeben, er werde keine Unterlassungserklärung abgeben, da er nie wissen könne, ob Google nicht doch irgendwann - auch ohne sein Zutun - seinen Text wieder veröffentlichen werde (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung am 25.09.2023). Genau in dieser Unsicherheit, wann und wo die streitgegenständliche Rezension wieder veröffentlicht werden könnte, liege auch die Dringlichkeit begründet. Verweise man die Klägerin auf das Ergebnis eines Hauptsacheverfahrens, könnten mehrere Jahre vergehen, bis ein rechtskräftiges Urteil über die Rechtswidrigkeit der Rezension vorliege. Im Falle einer zwischenzeitlichen Veröffentlichung hätte die Klägerin während der gesamten Verfahrensdauer keine Möglichkeit, die weitere Veröffentlichung wirksam zu unterbinden. Der Beklagte hätte nicht einmal die Pflicht, für die Entfernung der Rezension zu sorgen oder auch nur beim Versuch ihrer Entfe...

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