Entscheidungsstichwort (Thema)

Verteidiger. Beiordnung. Bestellung. Fortwirkung. Pflichtverteidiger. Pflichtverteidigerhonorar. Vergütung. Strafvollstreckung. Gesamtstrafenbildung. nachträglich. Vergütungsantrag. Vergütungsverzeichnis. Gebühr. Kostenfestsetzung. Kostenfestsetzungsbeschluss. Bezirksrevisorin. Verfahrensgebühr. Auslagenpauschale. Umsatzsteuer. Erinnerung. Beschwerde. Zulassung. Nichtabhilfe. Versagung. Pflichtverteidigervergütung für nachträgliche Gesamtstrafenbildung

 

Leitsatz (amtlich)

Einem Verteidiger steht für seine Tätigkeit im Verfahren über die nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach §§ 460, 462 StPO eine Vergütung nach Nrn. 4204, 4205 VV-RVG zu (Anschluss an OLG Brandenburg, Beschl. v. 05.07.2018 - 2 Ws 106/18 = JurBüro 2019, 23 = AGS 2018, 494). Etwas anderes folgt insbesondere nicht daraus, dass sich die schon frühere Beiordnung als Pflichtverteidiger regelmäßig auf das Verfahren über die nachträgliche Gesamtstrafenbildung erstreckt.

 

Normenkette

GG Art. 3; StGB §§ 53-55, 55 Abs. 1 S. 2; StPO §§ 460, 462, 141, 354 Abs. 1b; RVG § 33 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 S. 4, Abs. 6 S. 1, Abs. 8 Sätze 1-2, § 56 Abs. 2 Sätze 1-3; RVG-VV Nrn. 4106-4108, 4200, 4204-4205, 7002, 7008

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Pflichtverteidigers wird der Beschluss des Landgerichts vom 08.04.2019 aufgehoben. Die Beschwerde der Bezirksrevisorin gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 21.02.2019 wird verworfen.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wurde dem früheren Angeklagten mit Beschluss vom 18.07.2017 im vorliegenden Verfahren als Pflichtverteidiger bestellt. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 06.02.2018, rechtskräftig seit 06.03.2018, wurde der Angeklagte zu zwei Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Am 07.06.2018 erlangte ein weiteres Urteil des Amtsgerichts vom 24.07.2017 gegen den Angeklagten Rechtskraft. Mit Beschluss vom 25.10.2018, rechtskräftig seit 25.12.2018, hat das Amtsgericht unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil vom 24.07.2017 aus einer der verhängten Gesamtfreiheitsstrafen eine neue nachträgliche Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO gebildet. Im Verfahren über die nachträgliche Gesamtstrafenbildung war der Beschwerdeführer als Pflichtverteidiger beteiligt. Er fertigte u.a. verschiedene Schriftsätze.

Der Beschwerdeführer hat für seine Tätigkeit im Rahmen des Verfahrens der nachträglichen Gesamtstrafenbildung eine Vergütung nach Nrn. 4204, 4205 RVG-VV in Höhe von 216,58 Euro (Verfahrensgebühr nach Nrn. 4204, 4205 VV-RVG in Höhe von 162,00 Euro + Auslagenpauschale nach Nr. 7002 RVG-VV in Höhe von 20 Euro nebst Umsatzsteuer in Höhe von 19 % nach Nr. 7008 RVG-VV in Höhe von 34,58 Euro) beantragt. Diese Vergütung wurde dem Beschwerdeführer mit Festsetzungsbeschluss des Amtsgerichts vom 07.12.2018 zugesprochen. Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 21.02.2019 zurückgewiesen. Gegen den ihr am 06.03.2019 zugestellten Beschluss hat die Bezirksrevisorin mit Schreiben vom 06.03.2019 Beschwerde eingelegt, welcher das Amtsgericht mit Beschluss vom 07.03.2019 nicht abgeholfen hat.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 08.04.2019 die Sache gemäß § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Kammer zur Entscheidung übertragen und mit weiterem Beschluss vom gleichen Tag den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts vom 07.12.2018 aufgehoben, den Kostenfestsetzungsantrag des Verteidigers zurückgewiesen und die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung für zukünftige Fälle zugelassen.

Gegen den ihm am 10.04.2019 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 10.04.2019, eingegangen am 11.04.2019, weitere Beschwerde eingelegt, welcher das Landgericht mit Beschluss vom 16.04.2019 nicht abgeholfen hat.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 13.05.2019 beantragt, die weitere Beschwerde als unbegründet zu verwerfen. Sowohl der Beschwerdeführer, als auch die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

Die nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 Satz 1, Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 4 RVG statthafte und im Übrigen form- und fristgerecht erhobene weitere (befristete) Beschwerde ist zulässig. Da sich die Beschwerde gegen die Versagung der beantragten Vergütung insgesamt richtet, überschreitet der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 200 Euro (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Gem. §§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG, 33 Abs. 8 Satz 1 RVG entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Richtern.

Die weitere Beschwerde ist auch begründet. Dem Beschwerdeführer steht das geltend gemachte Pflichtverteidigerhonorar in voller Höhe zu.

1. Ob einem Pflichtverteidiger für seine Tätigkeit im Verfahren der nachträglichen Gesamtstrafenbildung (§§ 460, 462 StPO) ein Honorar nach Nrn. 4204, 4205 RVG-VV zusteht, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (bejahend: OLG Brandenburg, Beschl. v. 05.07.2018 - 2 Ws 106/18 = JurBüro 2019,...

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