Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang des Vergütungsanspruchs des Pflichtverteidigers. Erstattung der Umsatzsteuer auf die Aktenversendungspauschale

 

Leitsatz (amtlich)

Der gesetzliche Vergütungsanspruch des Pflichtverteidigers umfasst auch die auf die Aktenversendungspauschale entfallende Umsatzsteuer

 

Verfahrensgang

LG Würzburg (Entscheidung vom 18.01.2009; Aktenzeichen 1 Qs 9/09)

AG Würzburg (Aktenzeichen 101 Ds 911 Js 12826/08)

 

Tenor

1. Auf die weitere Beschwerde der Rechtsanwältin L. wird - unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Würzburg vom 28.01.2009 - der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Würzburg vom 20.08.2008 abgeändert.

2. Die an die Beschwerdeführerin aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird auf 631,83 EUR festgesetzt.

3. Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit Beschluss des Amtsgerichts Würzburg vom 03.07.2008 wurde die Beschwerdeführerin dem Angeklagten als Pflichtverteidigerin beigeordnet. Der Angeklagte wurde mit Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 03.07.2008 rechtskräftig verurteilt.

Mit Schreiben vom 15.07.2008 beantragte die Beschwerdeführerin ihre Gebühren und Auslagen als Pflichtverteidigerin festzusetzen. Geltend gemacht wurde unter anderem ein Betrag in Höhe von 12,00 EUR, den die Beschwerdeführerin an die Landesjustizkasse gezahlt hatte, weil am 02.05.2008 die Akten an ihre Kanzlei versandt worden waren, einschließlich der auf diesen Betrag entfallenden Mehrwertsteuer.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Würzburg vom 20.08.2008 wurde die an die Beschwerdeführerin aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung antragsgemäß auf 629,55 EUR festgesetzt. Abgesetzt wurde lediglich die Mehrwertsteuer auf die Aktenversendungspauschale mit der Begründung, eine Umsatzsteuerpflicht liege erst dann vor, wenn die Kosten an den Mandanten weiterbelastet würden. Im Fall der Erstattung der verauslagten Aktenversendungspauschale aus der Staatskasse gäbe es diese Weiterbelastung an den Mandanten nicht. Somit könne auch keine Umsatzsteuer anfallen bzw. aus der Staatskasse erstattet werden.

Die gegen diesen Beschluss eingelegte Erinnerung wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Würzburg vom 29.12.2008 zurückgewiesen, die Beschwerde wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Die von der Pflichtverteidigerin form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 28.01.2009 als unbegründet verworfen, weil es sich bei dem Geschäft um keinen umsatzpflichtigen Vorgang gehandelt habe. Komme es wegen der Pflichtverteidigung überhaupt nicht zu einer Weiterbelastung an den Mandanten, sondern ersetze die Staatskasse die vom Pflichtverteidiger für die Aktenversendung verauslagten Gebühren, liege ein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft nicht vor.

Das Landgericht hat in seinem Beschluss die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen.

Gegen diesen ihr am 13.02.2009 zugestellten Beschluss wendet sich die Pflichtverteidigerin mit der weiteren Beschwerde im Schriftsatz vom 27.02.2009, eingegangen beim Landgericht Würzburg am selben Tag, der mit Verfügung des Landgerichts vom 04.03.2009 nicht abgeholfen wurde.

Die Rechtsmittel der Beschwerdeführerin werden damit begründet, dass es sich um ein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft handele. Abzustellen sei allein darauf, wer Kostenschuldner der Aktenversendungspauschale sei. Dies sei der Rechtsanwalt. Damit falle die Mehrwertsteuer auf die Aktenversendungspauschale an.

Die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Würzburg und die Beschwerdeführerin hatten ergänzendes rechtliches Gehör.

II. Die weitere Beschwerde der Pflichtverteidigerin ist statthaft (§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 Satz 1 RVG), weil das Landgericht als Beschwerdegericht die weitere Beschwerde zugelassen hat. Das Rechtsmittel ist auch zulässig, da form- und fristgerecht eingelegt (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 Satz 4, Abs. 3 Satz 3 RVG).

Die weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, denn der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts beruht auf einer Rechtsverletzung (§§ 33 Abs. 6 Satz 2 RVG, 546 ZPO), soweit die von der Beschwerdeführerin beantragte Festsetzung der Mehrwertsteuer auf die Aktenversendungspauschale unterblieben ist. Denn es macht keinen Unterschied, ob der Rechtsanwalt als Wahlverteidiger oder Pflichtverteidiger seine entsprechende Rechnung stellt.

1. Ausgangspunkt für die Abrechnung verauslagter Beträge ist Vorbemerkung 7 Abs. 1 VV RVG. Danach kann der Anwalt verauslagte Aufwendungen (§ 675 i.V.m. § 670 BGB) dem Auftraggeber in Rechnung stellen.

Grundlage für die Inrechnungstellung der Umsatzsteuer ist Nr. 7008 VV RVG. Danach hat der Anwalt seinem Auftraggeber die Umsatzsteuer, die das Finanzamt von ihm auf seine Vergütung erhebt, in Rechnung zu stellen. Entscheidend ist die tatsächliche Umsatzsteuerpflicht der anwaltlichen Tätigkeit. Muss der Anwalt Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, kann und muss er sie dem Mandanten in Rechnung stellen.

Ist der Ma...

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