Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhalt. Prozesskostenhilfe

 

Verfahrensgang

AG Haßfurt (Beschluss vom 30.12.1999; Aktenzeichen 50 FH 2/99)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Haßfurt vom 30. Dezember 1999 abgeändert und der Antragstellerin Rechtsanwältin …, für das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger beigeordnet.

 

Gründe

Die gemäß §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 121 Abs. 2 ZPO liegen hier vor.

Nach der erwähnten Vorschrift ist ein Rechtsanwalt im Wege der Prozesskostenhilfe dann beizuordnen, wenn die Vertretung durch ihn erforderlich erscheint. Für das vereinfachte Kindesunterhaltsfestsetzungsverfahren ist dies strittig. Zum einen wird die Auffassung vertreten, dass die Beiordnung eines Rechtsanwalts regelmäßig nicht geboten ist, weil der Antrag nur mit Hilfe eines eingeführten Vordrucks gestellt werden kann und das Formular so übersichtlich und eindeutig gestaltet ist, dass das Ausfüllen auch einer rechtlich ungewandten Person keine Schwierigkeiten bereitet (vgl. OLG München FamRZ 1999, 1355). Zum anderen wird die Meinung vertreten, dass es jeweils einer Einzelfallbeurteilung bedarf (vgl. OLG München FamRZ 1999, 792 ff.).

Der Senat schließt sich der letzteren Ansicht an. Eine inhaltliche Vergleichbarkeit des Mahnverfahrens mit dem vereinfachten Kindesunterhaltsfestsetzungsverfahren ist nicht gegeben. Bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen bedarf es wesentlich komplexerer Überlegungen, als beispielsweise bei der Geltendmachung eines Kaufpreis- oder Darlehensanspruches. Auch das Formular für das vereinfachte Kindesunterhaltsfestsetzungsverfahren ist keineswegs einfach verständlich und übersichtlich gestaltet. Schon die Aufgliederung in die zwei Rubriken „Unterhalt gemäß den Altersstufen der Regelbetragsverordnung” und „Unterhalt abweichend von den Altersstufen der Regelbetragsverordnung” wirft die nicht einfach zu beantwortende Frage auf, wo welche Ansprüche einzutragen sind. Schließlich teilt der Senat auch die Auffassung, dass die Beratung durch die Rechtsberatungsstelle der Amtsgerichte bzw. durch die Jugendämter keineswegs mit der Beratung durch einen Rechtsanwalt qualitativ vergleichbar ist. Ergänzt wird dies durch die unwidersprochene Behauptung der Antragstellerin, dass ihr durch das Jugendamt mehr oder minder jegliche Unterstützung verweigert worden ist.

Im Ergebnis bedarf damit die Frage der Beiordnung eines Rechtsanwalts jeweils einer Einzelfallprüfung, wobei der Antragsteller darzulegen hat, wieso die Einschaltung eines Rechtsanwalts erforderlich ist.

Hier liegen die Voraussetzungen des § 121 Abs. 2 ZPO nach Auffassung des Senats deshalb vor, weil Fragen des internationalen Privatrechts und der Auslandszustellung zu klären waren. Dabei handelt es sich regelmäßig um schwierige Rechtsfragen, die nicht ohne weiteres vom Jugendamt oder der Rechtsantragsstelle beantwortet werden können. Dokumentiert wird dies beispielsweise hier schon dadurch, dass die zuständige Rechtspflegerin ausweislich des Vermerks vom 31. Mai 1999 erst beim Landgericht Bamberg anfragen musste, ob eine Auslandszustellung mit der von der Antragstellerin angegebene Adresse überhaupt möglich ist.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1508646

FamRZ 2000, 1225

JurBüro 2000, 312

IPRspr. 2000, 174

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