1. Formvorschriften

 

Rz. 54

Der Abschluss des Gesellschaftsvertrags hat in Form eines Notariatsaktes zu erfolgen (§ 4 Abs. 3 GmbHG). Der Formzweck besteht in der erhöhten Publizität und Rechtssicherheit und dient überdies dem Schutz der Gesellschafter durch die Beratungs- und Belehrungspflicht des Notars. Die Notariatsaktform ist Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit des Vertrags.

 

Rz. 55

Nach h.M. ist der Gesellschaftsvertrag von einem österreichischen Notar zu errichten. Die Gerichte anerkennen in jüngster Zeit gelegentlich auch im Ausland errichtete Gesellschaftsverträge, sofern sie den österreichischen Formvorschriften entsprechen. Dies betrifft vor allem die Gleichwertigkeit der Urkundsperson und des Beurkundungsvorganges. So wurde die Beurkundung durch einen deutschen Notar gelegentlich als zulässig erachtet.[29]

Seit 1.1.2021 besteht die Möglichkeit, bei Einhaltung bestimmter gesetzlicher Anforderungen (siehe dazu § 69b NO) die Errichtung eines Notariatsaktes "online" durchzuführen, wodurch die Gründung der GmbH aus dem Ausland wesentlich vereinfacht wird.

 

Rz. 56

Eine Verletzung der Formvorschrift bewirkt absolute Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags. Nach erfolgter Eintragung im Firmenbuch wird ein Formmangel analog zu § 200 Abs. 1 AktG als geheilt anzusehen sein.[30]

[29] OGH 23.2.1989, 6 Ob 525/89.
[30] Reich-Rohrwig, GmbH I2, Rn 1/31.

2. Vertretung

 

Rz. 57

Bei der Errichtung des Notariatsaktes zur Gründung der Gesellschaft müssen grundsätzlich alle Gesellschafter gleichzeitig anwesend sein. Sofern dies nicht möglich ist, kann sich jeder Gesellschafter mittels schriftlicher Spezialvollmacht vertreten lassen (§ 4 Abs. 3 GmbHG). Die Vollmacht ist auf dieses einzelne Geschäft zu beschränken und hat den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrags zu enthalten; das sind Firma, Sitz, Gegenstand, Stammkapital und die vom Vollmachtgeber zu übernehmende Stammeinlage. Weiters ist es ratsam, die Vollmacht auch für die Bestellung der Geschäftsführung zu erteilen.

 

Rz. 58

Die Unterschrift des Vollmachtgebers ist gerichtlich oder notariell zu beglaubigen. Sofern der Vollmachtgeber keine natürliche Person, sondern eine Gesellschaft ist, haben ihre organschaftlichen Vertreter ihre Zeichnungsberechtigung am Tag der Unterfertigung der Vollmacht nachzuweisen. Als Nachweis dient ein Firmenbuchauszug oder eine Amtsbestätigung eines österreichischen Notars. Bei ausländischen Vollmachtgebern sind gleichwertige Urkunden erforderlich (z.B. Handelsregisterauszug oder Bestätigung eines ausländischen Notars).

Seit 1.1.2021 besteht die Möglichkeit, bei Einhaltung der in § 79 Abs. 9 NO genannten Voraussetzungen eine "online-Beglaubigung" (Beglaubigung einer elektronischen Signatur im Wege einer Videokonferenz) durchzuführen.

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