Leitsatz

Für die Frage, ob eine Nutzung zu anderen als zu Wohnzwecken die anderen Wohnungseigentümer mehr stört oder beeinträchtigt als eine Nutzung als Wohnung, ist eine typisierende bzw. generalisierende Betrachtung entscheidend. Für diese Betrachtung ist der Gebrauch nach seiner Art und Durchführung zu konkretisieren und auf die örtlichen (Umfeld, Lage im Gebäude) und zeitlichen (etwa Öffnungszeiten) Verhältnisse zu beziehen. Die gebotene typisierende Betrachtungsweise bedeutet nämlich nicht, dass die konkreten Umstände des Einzelfalls für die Beurteilung des Vorliegens einer Mehrbelastung gänzlich außer Betracht zu bleiben haben.

 

Fakten:

Nach der maßgeblichen Bestimmung in der Teilungserklärung bedarf eine andere Nutzung der Wohneigentumseinheiten als zu Wohnzwecken der Zustimmung des Verwalters. Die von einer Wohnungseigentümerin begehrte Zustimmung zur Teilnutzung ihrer Wohnung auch als kleine Praxis wurde vom Verwalter erteilt. Die übrigen Wohnungseigentümer begehren jedoch die Unterlassung der entsprechenden Nutzung. Dies jedoch ohne Erfolg. Werden nämlich die Wohnungseigentümer durch die nicht zu Wohnzwecken dienende gewerbliche Nutzung der Eigentumswohnung in keiner Weise stärker beeinträchtigt als durch eine Wohnnutzung, kann ein vernünftiger Grund für eine Nutzungsuntersagung nicht vorliegen. Dies würde ansonsten dazu führen, dass gewerbliche oder freiberufliche Nutzungen mit im Verhältnis zur Wohnnutzung sogar geringeren "Beeinträchtigungen" verboten werden könnten, was sich mit § 13 Abs. 1 WEG nicht in Einklang bringen lässt und aus der Formulierung in der Teilungserklärung auch nicht hinreichend deutlich wird.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.07.2005, 20 W 284/03

Fazit:

Soweit keine eindeutige Bestimmung in der Teilungserklärung enthalten ist, die eine Nutzung zu anderen also zu Wohnzwecken verbietet, ist konkret zu untersuchen, ob die freiberufliche oder gewerbliche Nutzung tatsächlich zu einer größeren Beeinträchtigung führt, als eine reine Wohnnutzung. Insbesondere im freiberuflichen Bereich ist zu berücksichtigen, ob ggf. in weiteren Teilen der Wohnanlage etwa eine gewerbliche oder freiberufliche Nutzung bereits vorliegt. Stets und zunächst muss aber die Teilungserklärung hinsichtlich etwa vorhandener Nutzungsbeschränkungen untersucht werden.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge