1. Gesellschafterversammlung

 

Rz. 97

Die Gesellschafterversammlung (Generalforsamling) ist das oberste Gesellschaftsorgan der AS.[238] Innerhalb von sechs Monaten nach dem Ende eines jeden Geschäftsjahres, das grundsätzlich dem Kalenderjahr entspricht,[239] ist die ordentliche Gesellschafterversammlung abzuhalten, auf welcher der Jahresabschluss und ggf. der Lagebericht[240] festzustellen und über die Ergebnisverwendung sowie über alle weiteren Gegenstände zu beschließen ist, über die gemäß dem Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag durch die ordentliche Gesellschafterversammlung Beschluss zu fassen ist.[241] Zu diesen weiteren Gegenständen gehört gemäß dem ASL vor allem die Bestellung der Mitglieder des Verwaltungsrats.[242]

Eine Entlastung der Verwaltungsratsmitglieder durch die ordentliche Gesellschafterversammlung sieht das ASL hingegen nicht vor und kann im Übrigen nur beschlossen werden, wenn die Entlastung als eigenständiger Tagesordnungspunkt in der Einberufung der – ordentlichen oder ggf. einer außerordentlichen – Gesellschafterversammlung angegeben worden ist.[243] Beides ist in der Praxis unüblich. Falls eine Entlastung gleichwohl beschlossen wird, bewirkt sie einen Verzicht der AS auf Schadensersatzansprüche gegen die Verwaltungsratsmitglieder, aber nur insoweit, als der Gesellschafterversammlung im Zeitpunkt der Beschlussfassung alle wesentlichen Umstände der Haftung der Verwaltungsratsmitglieder bekannt waren.[244] Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine allgemeine Entlastung, die routinemäßig auf der ordentlichen Gesellschafterversammlung beschlossen wird, keine rechtliche Bedeutung hat.[245]

 

Rz. 98

Darüber hinaus können jederzeit außerordentliche Gesellschafterversammlungen abgehalten werden, wenn der Verwaltungsrat dies beschließt.[246] Eine außerordentliche Gesellschafterversammlung muss dann abgehalten werden, wenn der Abschlussprüfer der AS oder wenn ein oder mehrere Gesellschafter, die Geschäftsanteile an der AS in Höhe von mindestens 10 % des Stammkapitals halten, dies verlangen.[247]

Des Weiteren können außerordentliche Gesellschafterversammlungen ohne Weiteres auch ohne entsprechenden Beschluss[248] und Einberufung[249] des Verwaltungsrats abgehalten werden, wenn alle Gesellschafter damit einverstanden sind. Auf die grundsätzlich erforderliche Teilnahme des Verwaltungsratsvorsitzenden und des Geschäftsleiters an Gesellschafterversammlungen kann ebenfalls durch Einverständnis aller Gesellschafter verzichtet werden.[250] Im Übrigen kann die Gesellschafterversammlung auch stets über solche Angelegenheiten Beschlüsse fassen, die in der Tagesordnung der Einberufung nicht angegeben waren, wenn dem alle Gesellschafter zustimmen.[251]

 

Rz. 99

Jeder Geschäftsanteil gewährt eine Stimme, soweit im Gesellschaftsvertrag – beispielsweise durch die Einführung von stimmrechtslosen Geschäftsanteilen – nichts anderes festgelegt ist.[252] Auch die Inhaber von stimmrechtslosen Geschäftsanteilen sind aber zur Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen berechtigt, da das Teilnahmerecht durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden kann.[253] Teilnahme-[254] und damit ggf. stimmberechtigt sind allerdings nur die Gesellschafter, die in der Gesellschafterliste der AS als Gesellschafter eingetragen sind.

[238] M. Aarbakke u.a., Innledning Kapittel 5 Rn 2, und Mörsdorf, RIW 2021, 112, 113.
[239] § 1–7 Abs. 1 S. 1 RSKL.
[240] Zur Erstellung eines Lageberichts sind sog. kleine Kapitalgesellschaften verpflichtet, siehe § 3–1 Abs. 2 RSKL.
[241] § 5–5 ASL.
[242] M. Aarbakke u.a., § 5–5 Rn 2.8.
[243] M. Aarbakke u.a., § 5–5 Rn 2.7.
[244] Vgl. § 17–5 ASL.
[245] M. Aarbakke u.a., § 17–5 Rn 1.2.
[246] § 5–6 (1) ASL.
[247] § 5–6 (2) ASL.
[248] § 5–6 (3) ASL.
[249] Prop. Nr. 111L, 2012–2013, S. 95 i.V.m. S. 98.
[250] § 5–4 (1) ASL.
[251] § 5–14 ASL.
[252] § 5–3 (1) ASL. Stimmrechtsausschlüsse und -begrenzungen können aber in Einzelfällen ohne Bedeutung sein, siehe hierzu § 5–3 (2) ASL.
[253] Vgl. M. Aarbakke u.a., § 5–2 Rn 1.1.
[254] M. Aarbakke u.a., § 5–2 Rn 1.1.

2. Zuständigkeit

 

Rz. 100

Der Gesellschafterversammlung ist – neben ihrer Zuständigkeit zur Feststellung des Jahresabschlusses und ggf. des Lageberichts und der Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung – durch das ASL eine Vielzahl weiterer Zuständigkeiten zugewiesen. Eine der wichtigsten Zuständigkeiten im Kompetenzgefüge der verschiedenen Gesellschaftsorgane liegt darin, dass sie – mit Ausnahme der Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat – grundsätzlich, nämlich soweit die Gesellschaft keine Betriebsversammlung hat, die Mitglieder des Verwaltungsrats wählt[255] und diese jederzeit abberufen kann.[256] Weiterhin kann die Gesellschafterversammlung dem Verwaltungsrat Weisungen allgemeiner Art und in bestimmten Angelegenheiten erteilen,[257] die dieser befolgen muss,[258] und verlangen, dass bestimmte Angelegenheiten vor ihrer Behandlung im Verwaltungsrat der Gesellschafterversammlung – auch zu deren Entscheidung – vorgelegt werden.[259]

[255] § 6–3 (1) ASL.
[256] § 6–7 (2) S. 1 ASL.
[257] M. Aarbakke u.a., § 5–1 Rn 1.3.
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