1. Berechnung des Pflichtteils

 

Rz. 55

Um den Pflichtteil zu berechnen, ist eine Bewertung des Vermögens des Erblassers vorzunehmen. Dabei ist der Wert zugrunde zu legen, der bei einem Verkauf auf dem freien Markt erzielt werden kann. Von diesem Bruttovermögen sind eventuelle Verbindlichkeiten abzuziehen. In Bezug auf das dann bleibende Nettovermögen ist der Pflichtteil zu berechnen.

2. Pflichtteil der Abkömmlinge

 

Rz. 56

Neben dem überlebenden Ehegatten sind die Abkömmlinge des Erblassers pflichtteilsberechtigt.

 

Rz. 57

Der Pflichtteil der Abkömmlinge beläuft sich auf zwei Drittel des tatsächlich hinterlassenen Nachlasses (Nettovermögen des Erblassers). Eine Zurechnung lebzeitiger Schenkungen zum Nachlass zur Berechnung der Pflichteile erfolgt nicht. Die Abkömmlinge sind nicht dagegen geschützt, dass der Erblasser zu Lebzeiten sein Vermögen so stark reduziert, dass nur noch geringe Werte für sie übrigbleiben. Dies kann durch eigenen Verbrauch oder auch durch Zuwendungen an andere geschehen.[17] Der Erblasser kann auch noch auf dem Totenbett alles verschenken.[18]

 

Rz. 58

Die Höhe des Pflichtteils war lange Zeit für jedes Kind auf 1 Mio. Norwegische Kronen begrenzt.[19] Das neue Erbgesetz erhöhte diesen Betrag auf 15 Mal den Grundbetrag der norwegischen Sozialversicherung, also zurzeit etwa 1,5 Mio. Norwegische Kronen. Diese Pflichtteilsregelungen gelten auch für Adoptivkinder und uneheliche Kinder.[20]

[17] Lødrup/Asland, S. 119.
[18] So ausdrücklich das Oberste Norwegische Gericht in einer Entscheidung von 1985, zitiert bei Lødrup, in: Röthel, Reformfragen des Pflichtteilsrechts, S. 241.
[19] Eingeführt 1918 durch die sog. lex Michelsen.
[20] Siehe dazu Asland, § 29 Note 179.

3. Einwirkungen des Erblassers auf den Pflichtteil

 

Rz. 59

Testamentarische Verfügungen, die den Pflichtteil verletzten, sind ipso iure unwirksam. Der Erblasser kann deshalb grundsätzlich nicht im Wege eines Testaments auf den Pflichtteil einwirken, es sei denn, es liegt die Zustimmung der Abkömmlinge dazu vor oder gesetzlich geregelte Ausnahmen geben dazu eine Grundlage. Die Abkömmlinge können auch bereits zu Lebzeiten des Erblassers erklären, dass sie das Testament des Erblassers trotz für sie negativer Einwirkungen auf den Pflichtteil akzeptieren. Ebenso kann eine derartige Verfügung, die gegen das Erbgesetz verstößt, aufgrund der Passivität der Erben wirksam sein.[21]

[21] Hambro, S. 201.

4. Gesetzlich geregelte Einwirkungsmöglichkeiten

a) Pflichtteil an bestimmten Vermögenswerten

 

Rz. 60

Gemäß § 51 Erbgesetz kann der Erblasser in einem Testament bestimmen, welche Vermögenswerte der Pflichtteil umfassen soll. So kann er z.B. bestimmen, dass ein Abkömmling seinen Pflichtteil in Barmitteln erhalten soll. Weiterhin kann er bestimmen, dass der Abkömmling einen bestimmten Vermögensgegenstand erhalten soll, selbst wenn dieser mehr wert ist als der Erbanteil des Abkömmlings. Dies setzt jedoch voraus, dass der Abkömmling den Differenzbetrag an den Nachlass zurückerstattet.

b) Pflichtteil unterliegt der Gütertrennung

 

Rz. 61

Der Erblasser kann gemäß § 52 Erbgesetz in seinem Testament z.B. bestimmen, dass der Pflichtteil, den der Berechtigte erhalten soll, einer Gütertrennung (særeie) unterworfen werden soll. Diese Bestimmung kann der Erblasser sowohl in Bezug auf eine bestehende Ehe als auch in Bezug auf eine zukünftige Ehe des Abkömmlings treffen, soweit dieser bei der Errichtung des Testaments noch unverheiratet ist.[22] Die Bestimmung braucht nicht sämtliche Pflichtteilsberechtigte zu betreffen, sondern kann auch nur auf einen Abkömmling bezogen sein. Ebenso kann sie nur einen Teil des Pflichtteils betreffen.

[22] Lødrup/Asland, S. 127.

c) Verfügungsbeschränkung für den Pflichtteilsberechtigten

 

Rz. 62

Soweit es als das Beste für den Abkömmling anzusehen ist, kann der Erblasser durch ein Testament Beschränkungen in Bezug auf die Verfügungsmöglichkeiten über den Pflichtteil festlegen. Dies ist soweit möglich, bis der Abkömmling 25 Jahre alt ist (§ 53 Erbgesetz). Nach § 54 Erbgesetz kann der Erblasser weiterhin durch Testament bestimmen, wie der Pflichtteil des Abkömmlings verteilt werden soll, wenn dieser vor Erreichen des 18. Lebensjahres versterben sollte.

d) Entziehung des Pflichtteils

 

Rz. 63

Das Recht, einem Pflichtteilsberechtigten seinen Pflichtteil ganz zu entziehen, findet sich in § 55 Erbgesetz. Danach kann der Erblasser in einem Testament bestimmen, dass ein Berechtigter nicht seinen Pflichtteil erhalten soll, wenn er sich gegenüber einem bestimmten Personenkreis wegen eines Verbrechens strafbar gemacht hat. Dieser Personenkreis sind der Erblasser sowie Verwandte des Berechtigten in gerader auf- oder absteigender Linie, seine Geschwister oder deren Abkömmlinge. Ein Testament, welches dem Pflichtteilsberechtigten dieses Recht entzieht, bedarf einer Bestätigung durch das norwegische Justizministerium.

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