Rz. 24

Lebte der Erblasser im gesetzlichen Güterstand der Allgemeinen Gütergemeinschaft norwegischen Rechts, kann der überlebende Ehegatte durch Erklärung das ungeteilte eheliche Gesamtgut übernehmen (uskifte), § 14 Abs. 1 Erbgesetz. Eine solche Erklärung ist innerhalb von 60 Tagen nach dem Todesfall an das Nachlassgericht (tingrett) zu übersenden, § 19 Erbgesetz.

 

Rz. 25

In der Praxis ist dieses Recht des überlebenden Ehegatten auf Übernahme des ungeteilten ehelichen Gesamtgutes für diesen weitaus wichtiger als das allgemeine Erbrecht und das Recht auf das Mindesterbe. So waren es in Norwegen im Jahre 2010 mehr als 12.000 Fälle, in denen das eheliche Gesamtgut ungeteilt übernommen wurde, gegenüber 450 Fällen, in denen der überlebende Ehegatte Alleinerbe aufgrund seines Mindesterbe wurde, oder gegenüber ca. 100 Fällen, in denen der Nachlass mit den Erben des Verstorbenen geteilt wurde.

 

Rz. 26

Grundvoraussetzung ist zunächst, dass eine rechtsgültige Ehe eingegangen worden ist, die nicht durch eine Scheidung aufgelöst wurde. Das Recht auf eine ungeteilte Übernahme kann auch nicht geltend gemacht werden, wenn die Eheleute zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers durch ein Urteil (dom) oder durch eine Bewilligung (løyve) offiziell getrennt sind. Der nur tatsächliche Bruch des Zusammenlebens ohne die vorgenannten formellen Bestätigungen hindert eine ungeteilte Übernahme nicht.

 

Rz. 27

Es ist jedoch auch eine Übernahme des ungeteilten ehelichen Gesamtgutes bei Gütertrennung möglich, soweit dies in einem Ehevertrag niedergelegt ist oder die Erben ihre Zustimmung dazu erteilen. Die Zustimmung kann auch an Bedingungen geknüpft werden.[8]

 

Rz. 28

Das Recht des Ehegatten, den Nachlass ungeteilt zu übernehmen, muss von den gesetzlichen Erben respektiert werden – mit einer Ausnahme: Die Abkömmlinge des Verstorbenen aus einer früheren Verbindung (særkullsbarn) oder deren Abkömmlinge haben das Recht, eine unmittelbare Teilung des Nachlasses und damit ihr Erbe zu verlangen. Eine Übernahme durch den überlebenden Ehegatten ist damit in einem solchen Fall nur möglich, wenn die Abkömmlinge aus einer früheren Verbindung ihre Zustimmung dazu erteilen. Ist die Zustimmung durch die Abkömmlinge aus einer früheren Beziehung erteilt worden, so kann diese später nicht wieder zurückgenommen werden. Eine Teilung kann damit später nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dazu gegeben sind, beispielsweise wenn der überlebende Ehegatte wieder heiratet. Der überlebende Ehegatte selbst kann jedoch jederzeit die gesamte oder teilweise Teilung verlangen.

[8] Grundlegend dazu das Oberste Norwegische Gericht, RT 1992, S. 374.

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