Rz. 103

Die Gesellschafterversammlung ist unabhängig von der Anzahl der Gesellschafter, die an der Gesellschafterversammlung teilnehmen, und den vertretenen Stimmen beschlussfähig, soweit im Gesellschaftsvertrag nichts anderes festgelegt ist.[270] Beschlüsse werden grundsätzlich mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen getroffen. Im Falle von Stimmengleichheit entscheidet der Versammlungsleiter, ob der Beschluss angenommen oder abgelehnt wird, und zwar auch in den Fällen, in denen er selbst – als Nichtgesellschafter – keine Stimme hat.[271]

Daneben gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher qualifizierter Mehrheiten, die beispielsweise bei der Abänderung des Gesellschaftsvertrags[272] einschließlich der Erhöhung des Stammkapitals,[273] bei der Befreiung der AS von der Prüfungspflicht,[274] bei umwandlungsrechtlichen Maßnahmen[275] und bei der Auflösung[276] zur Anwendung kommen.

 

Rz. 104

Gesellschafter, soweit sie nicht für den in Frage stehenden Beschluss gestimmt haben,[277] die Mitglieder des Verwaltungsrats sowie die Beobachter im Verwaltungsrat[278] und der Geschäftsleiter, die Mitglieder der Betriebsversammlung[279] sowie die Mehrheit der Arbeitnehmer und eine Gewerkschaft, die mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer repräsentiert, sind zur Anfechtung von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung durch Erhebung einer Anfechtungsklage befugt.[280]

Aufgrund der Anfechtung kann das Gericht den Beschluss für unwirksam erklären. Die Anfechtung muss innerhalb von drei Monaten nach der Beschlussfassung erfolgen; anderenfalls ist und bleibt der Beschluss grundsätzlich wirksam,[281] soweit hiervon nicht bestimmte Ausnahmen bestehen. Diese Ausnahmen gelten beispielsweise in den Fällen, in denen für den Beschluss die Zustimmung aller oder bestimmter Gesellschafter erforderlich ist und diese Zustimmung nicht vorliegt oder die Einberufung der Gesellschafterversammlung nicht oder wesentlich fehlerhaft erfolgt ist.[282]

 

Rz. 105

Die Anfechtung kann darauf gestützt werden, dass der Beschluss unter Verstoß gegen Gesetz oder Gesellschaftsvertrag gefasst worden ist. Wenn der Verstoß aber nur in einer Verletzung von Verfahrensregeln liegt, kann das Gericht den Beschluss nur dann für unwirksam erklären, wenn die Verletzung Auswirkungen auf den Inhalt des Beschlusses gehabt haben kann.[283]

Demgegenüber kann die Anfechtung nicht darauf gestützt werden, dass der Beschluss unter Verstoß gegen Stimmbindungsverträge zwischen den Gesellschaftern oder unter Verstoß gegen andere Gesellschaftervereinbarungen zustande gekommen ist;[284] derartige Beschlüsse sind und bleiben wirksam.[285] In der neueren Literatur wird allerdings auch vertreten, dass ein Verstoß gegen Gesellschaftervereinbarungen unter bestimmten Umständen die Unwirksamkeit des Beschlusses der Gesellschafterversammlung zur Folge haben kann. Voraussetzung sei aber in allen Fällen, dass die Gesellschaftervereinbarung durch sämtliche Gesellschafter abgeschlossen worden ist.[286]

[270] M. Aarbakke u.a., § 5–17 Rn 1.1.
[271] § 5–17 (1) ASL.
[272] § 5–18 (1) ASL: Mindestens zwei Drittel sowohl der abgegebenen Stimmen als auch des auf der Gesellschafterversammlung vertretenen Stammkapitals.
[273] M. Aarbakke u.a., Innledning Kapittel 10 Rn 6.
[274] § 7–6 (1) ASL: Mehrheit wie bei Abänderung des Gesellschaftsvertrags.
[275] § 13–3 (2) (Verschmelzung), § 14–6 (1) (Spaltung) und § 15–1 (1) (Formwechsel) ASL: Mehrheit wie bei Abänderung des Gesellschaftsvertrags.
[276] § 16–1 (1) ASL: Mehrheit wie bei Abänderung des Gesellschaftsvertrags.
[277] M. Aarbakke u.a., § 5–22 Rn 1.4.
[278] § 6–9 ASL.
[279] § 6–35 (1) ASL i.V.m. § 5–22 ASAL.
[280] § 5–22 ASL.
[281] § 5–23 (1) ASL.
[282] § 5–23 (2) ASL.
[283] M. Aarbakke u.a., § 5–22 Rn 1.9.
[284] M. Aarbakke u.a., § 5–22 Rn 1.6.
[285] G. Woxholth, S. 114 f., und Bråthen, S. 88.
[286] Vgl. M. Aarbakke u.a., § 5–3 Rn 1.3 und § 6–7 Rn 2.4.

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