Rz. 136

Der Geschäftsleiter wird nicht – gesellschaftsrechtlich – bestellt und abberufen, sondern als Arbeitnehmer der AS durch den Verwaltungsrat – arbeitsrechtlich – angestellt und durch den Verwaltungsrat – in Annexkompetenz –[399] entlassen.[400] Anstelle der Anstellung durch den Verwaltungsrat kann der Gesellschaftsvertrag eine Anstellung und damit eine Entlassung durch die Gesellschafterversammlung oder die Betriebsversammlung vorsehen.[401]

 

Rz. 137

Der Geschäftsleiter gilt damit trotz seiner Organstellung als Arbeitnehmer der AS.[402] Seine Arbeitnehmerstellung führt dazu, dass er den norwegischen Kündigungsschutzbestimmungen[403] unterliegt.[404] Der Geschäftsleiter kann also nicht ohne Weiteres abberufen werden. Vielmehr muss sein Arbeitsverhältnis und damit seine Organstellung durch ordentliche oder, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, außerordentliche Kündigung beendet werden. Eine ordentliche Kündigung kann nur dann erfolgen, wenn hierfür ein sachlicher Grund in dem Betrieb oder in den Verhältnissen des Arbeitgebers, also der AS, oder des Geschäftsleiters selbst vorliegt.

Lediglich in den Fällen, in denen die Kündigungsschutzbestimmungen im Arbeitsvertrag des Geschäftsleiters – bei der Anstellung oder später –[405] abbedungen sind,[406] kann sein Arbeitsverhältnis und damit seine Organstellung ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes, ohne Einhaltung von Kündigungsfristen und ohne Beachtung der weiteren Verfahrensregelungen[407] beendet werden.[408] Die Abbedingung der Kündigungsschutzbestimmungen setzt die Vereinbarung einer Abfindung voraus. Für die Höhe der Abfindung bestehen keine gesetzlichen Bestimmungen. In der Praxis sind drei bis zwölf Monatsgehälter üblich.[409]

 

Rz. 138

Es ist aber auch denkbar, dass nur eine gesellschaftsrechtlich relevante Bestellung zum Geschäftsleiter erfolgt.[410] In einem solchen Fall liegt im Prinzip kein arbeitsrechtliches und auch kein anderes dienstvertragliches Rechtsverhältnis vor. In der Praxis ist dies aber selten anzutreffen, zumal eine solche Konstruktion die Gefahr eines faktischen Arbeitsverhältnisses zwischen der AS und dem Geschäftsleiter mit sich führt, soweit dessen Tätigkeit für die AS nicht ausreichend durch ein anderes Arbeitsverhältnis, beispielsweise durch ein Arbeitsverhältnis mit einer anderen Konzerngesellschaft, geregelt ist.

Soweit es sich bei der anderen Konzerngesellschaft um eine nicht-norwegische Gesellschaft handelt, kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass die Tätigkeit des Geschäftsleiters in Norwegen für die Konzerngesellschaft – in steuerrechtlicher Hinsicht – eine Betriebsstätte[411] in Norwegen begründet.[412]

[399] Siehe norwegischer Oberster Gerichtshof (Hyesterett), Urt. v. 26.7.1989, Rt. 1989, 798, 799, und Bråthen, S. 208.
[400] Siehe hierzu auch Mörsdorf, RIW 2009, 597, 601.
[401] § 6–2 (2) und (3) ASL.
[402] Smith Ulseth, S. 89 und 93.
[403] Gemäß §§ 15–1 ff. AML.
[404] Mörsdorf, NTS 2009:4, 70, 75 ff. Siehe zu weiteren Aspekten des norwegischen Arbeitsrechts Mörsdorf, Personal.Manager 1/2012, 20 ff.
[405] Fougner u.a., S. 987.
[406] Siehe § 15–16 (2) AML.
[407] Fougner u.a., S. 987.
[408] Siehe Mörsdorf, RIW 2009, 597, 601.
[409] Fougner u.a., S. 987.
[410] Kritsch hierzu Smith Ulseth, S. 85, die darauf abstellt, dass stets ein vertragliches Verhältnis zwischen der AS und dem Geschäftsleiter vorliege.
[411] Siehe Art. 5 des Deutsch-Norwegischen Doppelbesteuerungsabkommens.
[412] Siehe in diesem Zusammenhang auch zum Zuzug/Wegzug von Gesellschaften und der zugrundeliegenden Sitz- oder Gründungstheorie Mörsdorf, IWRZ 2016, 236 f., und Mörsdorf/Halvorsen, NTS 2016:4, 1 ff.

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