Mit Erfolg! A als Nießbraucher habe ein berechtigtes Interesse an der Begutachtung. Zwar habe A kein Stimmrecht in der Eigentümerversammlung (§ 25 WEG) und sei als Nicht-Eigentümer weder zur Anfechtung eines gefassten Beschlusses berechtigt (§ 46 Abs. 1 WEG), noch in die "verbandsrechtliche Rechtsstellung" eines Wohnungseigentümers eingerückt oder eingebunden. Als dinglich Nutzungsberechtigter (§ 1036 BGB) und zur Erhaltung der Sache Verpflichteter (§ 1041 BGB) habe er aber ein berechtigtes Interesse daran, dass der Zustand des gemeinschaftlichen Eigentums und des ihm zur Nutznießung überlassenen Sondereigentums einer Begutachtung unterzogen werde, um festzustellen, ob und in welchem Umfang ein Mangel des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums bestehe und inwieweit ihm oder den Wohnungseigentümern eine Pflicht zur Abhilfe obliege. Soweit sein Besitz etwa durch das Eindringen von Wasser oder Feuchtigkeit beeinträchtigt werde, kämen auch eigene Unterlassungs-, Beseitigungs- oder gegebenenfalls auch Schadensersatzansprüche in Betracht, ebenso wie er als Nießbraucher ggf. unmittelbar Ansprüchen der Eigentümer ausgesetzt sein könne. Die gerichtliche Verfügung derartiger Ansprüche kann unter Umständen durch die Einholung eines Gutachtens vermieden werden.

 

Hinweis

Im Wohnungseigentumsrecht ist ein selbstständiges Beweisverfahren nach §§ 485ff. ZPO möglich. Nach Ansicht des BGH müssen allerdings sowohl die anderen Wohnungseigentümer als auch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer es nicht dulden, dass das gemeinschaftliche Eigentum geöffnet wird. Sofern es um Mängel des Sondereigentums geht, wird das Verfahren von dem jeweiligen Sondereigentümer betrieben. Möglich soll es allerdings auch sein, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in gewillkürter Prozessstandschaft (hierzu bedarf es einer Ermächtigung; ein Beschluss ist nicht ausreichend) für einen Wohnungseigentümer wegen Mängeln des Sondereigentums auftritt, sofern dieser das Verfahren auch wegen Mängeln des gemeinschaftlichen Eigentums betreibt. Wegen Mängeln des gemeinschaftlichen Eigentums ist zwischen einem selbstständigen Beweisverfahren gegen den Bauträger und solchen im Lauf des Lebens einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu unterscheiden:

  • Der Wohnungseigentümer als Erwerber kann gegen den Bauträger ohne besondere Ermächtigung ein selbstständiges Beweisverfahren zur Feststellung von Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum einleiten – selbst wenn es um ein gemeinschaftsbezogenes Mängelrecht geht. Das von einem Wohnungseigentümer selbstständig durchgeführte Beweissicherungsverfahren hemmt die Verjährung seiner Gewährleistungsansprüche ohne Rücksicht darauf, ob sie gemeinschaftlich verfolgt werden müssten. Etwas anderes gilt, wenn die Wohnungseigentümer die Geltendmachung der Mängel der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zugewiesen haben.
  • Für ein selbstständiges Beweisverfahren gegen einen Werkunternehmer bestehen keine Besonderheiten. Antragsteller kann allein die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sein.
  • Die Durchführung eines gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten selbstständigen Beweisverfahrens über Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum ist möglich und setzt nicht voraus, dass der antragstellende Wohnungseigentümer sich zuvor um einen Beschluss der Wohnungseigentümer bemüht hat, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln einholt. Dieses Vorgehen ist freilich – außer zur Beweissicherung – nicht sinnvoll. Da sich die Wohnungseigentümer nach ihrem Ermessen gegen eine Erhaltungsmaßnahme und jedenfalls auf Grundlage eines weiteren Gutachtens sich für ganz andere Maßnahmen entscheiden können, sollten die anderen Wohnungseigentümer stets mit der Frage, ob und wie das gemeinschaftliche Eigentum zu erhalten ist, vorbefasst werden. Allein dieses Vorgehen sichert auch, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Kosten eines etwaigen Gutachtens trägt.

Die Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens gehören zu den Kosten des anschließenden Hauptsacheverfahrens und sind von der darin getroffenen Kostenentscheidung mit umfasst. Voraussetzung der Festsetzung der Beweissicherungskosten ist, dass die Parteien und der Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des Hauptsacheverfahrens identisch sind. Die erforderliche Identität ist gegeben, wenn ein einzelner Wohnungseigentümer seine Gewährleistungsansprüche wegen solcher Mängel verfolgt, die zuvor Gegenstand einer vom Verband angestrengten Beweissicherung waren.

Kommt es zu keinem Hauptsacheverfahren, können die beklagten Wohnungseigentümer als Antragsgegner etwaige, ihnen in dem selbstständigen Beweisverfahren entstandene außergerichtliche Kosten, z. B. für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt, unter den Voraussetzungen des § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO, d. h. nach Ablauf der Frist für die gerichtlich angeordnete Klageerhebung, von dem antragstellenden Wohnungseigentümer erstattet verlangen.

Der antragstellende Wohnungseigentüme...

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